I R R I T Z



Ansicht Irritz

Irritz, aus Richtung Damitz kommend. foto: g.h.10/2000


  

  Inhalt


  DER CHRONIST
  DER MENSCH AUF UNSEREM HEIMATBODEN
  DIE KELTEN
  DIE GERMANEN
  DIE SLAVEN
  VON DEN SIEDLUNGEN
  BESCHREIBUNGEN NACH SCHWOY UND WOLNY
      LAGE
      BESITZER
      BESCHAFFENHEIT
      LANDWIRTSCHAFTLICHE BODENFLÄCHE
      LANDWIRTSCHAFTLICHER VIEHBESTAND
      GEWERBE
      ORTSBESCHREIBUNG
  GESCHICHTLICHES
  LAGEPLAN
  BEMERKENSWERTE GEBÄUDE UND ÖFFENTLICHE ANSTALTEN
  BLICK IN DES BAUERN HÄUSLICHKEIT
  CHRONIK
  DER ERSTE WELTKRIEG
  ANSCHLUSS SÜDMAHRENS AN DAS DEUTSCHE REICH
  DER ZWEITE WELTKRIEG
  SCHICKSAL 1945 / 1946
  DIE JÜDISCHEN IRRITZER, ein Nachtrag von g.h.

DER CHRONIST

 

,,Tauche deine Feder in Vorsicht, Chroniste, und stelle dich hoch über deine Arbeit.

Chronika schreiben heißt Richteramt üben. Darum bedenke, daß du einst Rechenschaft ablegen mußt, an jedem deiner Urteile.

Meinungen darfst du nicht schreiben, wenn du sie nicht beweisen kannst.~

Die Geschlechter, Die da gekämpft und

gelitten haben, vergehen, und du vergehst mit ihnen.
Dein Buch aber bleibt als Zeugnis, bleibt, wenn ein Jahrhundert sich aus dem

anderen emporgehoben hat, bleibt, wenn ein

Geschlecht ums andere versunken ist im Staube der Jahrhunderte.
Aus seinen leichten Blättern werden eherne Tafeln."

 

 

DER MENSCH AUF UNSEREM HEIMATBODEN

Wie wir in dem Abschnitt über unseren Heimatboden sehen, ist der Mensch ein sehr später Gast auf unserer Erde. Erst in der Epoche der Eiszeit wird er uns bekannt. Freilich wird er schon viel früher dagewesen sein, nur läßt sich dafür kein Be­weis erbringen.

Was wir über die älteste Menschheit und ihre Entwicklung wissen, sind Schlüsse aus Funden, die uns der Boden aus ihrer Zeit bewahrt hat. Nach diesen Funden hat man sich gewisse Entwicklungszeitalter zurechtgelegt. Da spricht man z.B. von einer älteren Steinzeit. Sie fällt noch mit der Eiszeit zusam­men. In dieser Zeit waren Waffen und Werkzeuge hauptsäch­lich aus roh zubehauenen Steinen gefertigt. Die Menschen die­ser Zeit waren ein Jägervolk. Großtiere wie Mammut und Rentier, Höhlenbär und Bison, Riesenhirsch und Elch, Stein-bock und Wildpferd sowie zahllose Kleintiere lieferten ihnen die Hauptnahrung.

Dann spricht man von einer jüngeren Steinzeit. In dieser Zeit wurde das Klima wärmer. Die Moos- und Grassteppe, die unser Boden in der Eiszeit war, überzog sich langsam mit Wald. Die Menschen waren primitive Bauern, aber sie hatten neben ihrer einfachen Wirtschaft schon das Schleifen und Polieren des Steines gelernt. Man findet sehr schöne und mit Geschmack hergestellte Geräte und Waffen aus dieser Zeit.

Die Menschen verfertigten auch vorzügliches Flechtwerk, überzogen es mit Ton - und so entstanden die ersten Gefäße. Beim Trocknen am Lagerfeuer mag solch ein Gefäß einmal gebrannt worden sein, und der irdene Topf war entdeckt. Damit begann das Kochen.

Die jüngere Steinzeit geht allmählich über in die Zeit der ersten Benützung der Metalle. Die ältesten Metallgeräte wa­ren aus Bronze. Dementsprechend nennt man diese Zeit die Bronzezeit. Ihren Beginn kann man etwa um das Jahr 2000 v. Chr. festsetzen. Um jene Zeit soll Europa bzw. Mittel­europa von den Illyrern bewohnt gewesen sein, einem Volk, das in den heutigen Albanesen weiterlebt. –

DIE KELTEN

Den ganzen Westen Europas hatten die Kelten im Besitz. Um die Mitte des 5. vorchristlichen Jahrhunderts drangen aus den übervölkerten Gebieten des heutigen südlichen Frank­reichs größere Volksmassen bis nach Böhmen und Mähren vor. In Böhmen setzte sich der mächtige Stamm der Bojer fest, von dem Böhmen den Namen hat: Boja, lateinisch Bojahae­mum, altdeutsch Beheim, d. h. Heim der Bojer. In Mähren siedelte sich der Stamm der Volker an. Dieses Volk brachte das Eisen mit. Von da an datiert die Eisenzeit, die im Grunde heute noch andauert. - Ein Teil der Volker und Bojer, zirka 20.000 an der Zahl, unternahm im Jahre 280 v. Chr. einen Zug nach dem Balkan und weiter nach Kleinasien, wo sie im Jahre 235 v. Chr. in einem Teile von Phrvgien angesiedelt wurden. Dieser Teil des Landes wurde nach ihnen als Gallier, Galatia benannt. Der Brief des Apostels Paulus an die Ga­later, den wir aus dem Neuen Testament kennen, ist an ein Volk gerichtet, das einst in unseren heimatlichen Gauen saß.

 

DIE GERMANEN

Auf die Kelten folgten die Germanen. Eine Völkerschaft von ihnen, die Markomannen, saß lange Zeit am oberen Main, also der Nordwestecke Böhmens benachbart. Ihr König Marbod führte sie im Jahre 9 v. Chr. in das nach den vertriebenen Kelten benannte Land Böhmen. Ihnen schloß sich ein ver­wandter Stamm - die Quaden - an, die das Land Mähren, das nördliche Niederösterreich und die Slovakei besetzten. Damit war unser Land um Christi Geburt germanisch.

Quaden und Germanen waren kampflustige Völker. Beson­ders mit den Römern südlich der Donau führten sie schwere und langwierige Kriege, in deren Verlauf sie sogar bis Norditalien vordrangen. Schließlich mußten sie aber der überlegenen Kriegstechnik der Römer weichen, die dann auch eine Art Oberhoheit über ihre Lande ausübten und sie durch feste Ka­stelle mit Garnisonen im Zaume hielten. Solch ein Kastell z. B. befand sich auf dem Zeiselberg bei Muschau, wo ge­brannte Ziegel mit dem Stempel der X. römischen Legion gefunden wurden. Später standen die Quaden fast ein ganzes Jahrhundert - von 375 bis 453 - unter der Oberhoheit der Hunnen, einem mongolischen Reitervolk, das sich in Ungarn niedergelassen hatte.

Nach dem Zusammenbruch des Römerreiches um die Mitte des 5. Jahrhunderts verließen die Markomannen und Quaden das Land, das sie 500 Jahre lang inne gehabt hatten und besetzten zwischen 488 und 520 das von den römischen Legionen ge­räumte Bayern.

Der Keltenname der Bojer haftete so fest auf dem Lande Böh­men, daß die Markomannen und mit ihnen die Quaden nach ihm benannt wurden als die Baju oder Bajuvaren, d. h. Be­wohner des Bojerlandes. Davon wieder stammt der heutige Name von Volk und Land Bayern, zu welchem Stamme wir heutigen Südmährer in der Hauptsache gehören und daher mit Fug und Recht behaupten können, daß unsere direkten Ahnen schon zur Zeit Christi Geburt auf unserer heimatlichen Scholle saßen - sie daher urdeutscher Boden ist.

Als die Quaden unsere Heimat verlassen hatten, traten an ihre Stelle verschiedene Stämme germanischen Geblüts: so die Heruler und die Rugier. Beide Völker vom mächtigen Stamme der Ostgoten. Nach ihrem Abzuge rückten die ebenfalls ger­manischen Langobarden in unsere Gaue. Sie zogen später nach Italien und gründeten dort ein Reich. Die Lombardei trägt noch heute ihren Namen. Von den kürzer oder länger hier seßhaften Völkern ist natürlich nicht alles bis auf den letzten Mann weitergewandert, sondern es blieben von allen einige Reste sitzen.

 

DIE SLAVEN

Die zurückgebliebenen germanischen Volksteile kamen um die Mitte des 6. Jahrhunderts unter die Oberhoheit der in­zwischen aus östlichen Gegenden eingewanderten Slaven. Der Hauptstamm derselben waren die Tschechen, die unter ihrem sagenhaften Führer Czech Böhmen besetzten, zwischen Iglau und Znaim jedoch auch nach Mähren herüberreichten. Sonst wurde Mähren von slovenischen Stämmen besetzt. Die Slaven ihrerseits wieder standen unter der Oberhoheit der Avaren, eines mongolischen Reitervolkes wie die Hunnen, die sich um 567 in Ungarn niedergelassen hatten. Von dem Joch der Ava­ren soll sie der Franke Samo befreit haben. Die Avaren waren zwei Jahrhunderte lang durch ihre Raubzüge der Schrecken ihrer Nachbarländer. Im Jahre 796 wurden sie von Karl dem Größen besiegt, der nun zum Schutze seines Reiches eine Mark im Osten, die Ostmark, das spätere Österreich, gründete. Die Slaven wurden dadurch endgültig von den Avaren befreit, wofür sie die deutsche Oberhoheit anerkannten.

846 weigerte sich der mährische Fürst Moimir, die deutsche Oberhoheit weiter anzuerkennen. Er wurde besiegt und sein Reich erhielt Ratislav, der sich aber schon 855 empörte. 864 wurde er besiegt und legte dem deutschen Ludwig ein Treue-gelöbnis ab, das er aber nur bis 869 hielt. Dann unterlag er den Ränken seines Neffen Svatopluk, der sich mit den Deut­schen verbündete. Mähren wurde 870 eine fränkische Provinz, es wurde von bayerischen Grafen verwaltet. Doch 871 begann auch Svatopluk den Kampf gegen die Deutschen und gründete 874 das ,,Großmährische Reich- aus Böhmen, Mähren, der Slovakei und einem Teil Nieder-österreichs.

Im Jahre 895 erschien ein neues mongolisches Reitervolk in Ungarn, die Magyaren, die auf ihren Raubzügen die umlie­genden Länder zu plündern begannen. 902 fielen sie sengend, raubend und mordend in Mähren ein. 906 zerstörten sie das Großmährische Reich. 945 wurde Südmähren von ihnen gänz­lich verwüstet. Aber 955 wurden sie von dem deutschen Kai­ser Otto dem Großen auf dem Lechfelde entscheidend ge­schlagen. Die Ostmark wurde wieder hergestellt, Böhmen und Mähren wurden Lehensländer des deutschen Reiches.

 

VON DEN SIEDLUNGEN

Der Mensch ist kein Einzelgänger, er lebt in Gemeinschaften. Die kleinste Gemeinschaft ist die Familie, dann folgt der Fa­milienverband, die Sippe. Die Familie findet ihren Ausdruck in der Landschaft als Hütte oder Haus, die Sippe als eine Zu­sammenfassung von Häusern, also das Dorf. So war es in der alten Germanenzeit, so auch in der alten Slavenzeit. Es gibt Orte, die seit Jahrtausenden als Siedlungen dienten, andere, die in dieser Hinsicht sehr jungen Datums sind. Daraus er­geben sich manche Fragen.

In unserem Raume findet man in den Ortsgeschichten immer wieder die Frage behandelt, welches Volk - Deutsche oder Slaven - dieses oder jenes Dorf gegründet haben mögen. Wo die Gründungszeit ungefähr bekannt ist oder sich erschließen läßt, ist diese Entscheidung nicht schwer. Sonst ist der haupt­sächlichste Anhaltspunkt der Name des Dorfes. Nun zeigen beinahe alle Namen unserer Landschaft ein slavisches Ge­präge. Daß aber deswegen die Slaven auch die Ortsgründer gewesen sein müssen, braucht nicht zuzutreffen. Die Germa­nen hatten durch 600 Jahre unser Land inne, und sie haben genauso in Familiendörfern gewohnt wie später die Slaven. Aber die damaligen Bauten waren nicht aus Stein sondern aus Holz, bestenfalls kam hie und da Lehm hinzu. Die Slaven folgten den Germanen auch nicht unmittelbar, sondern es ver­ging einige Zeit, bis sie in das fast leere Land einrückten. Übernahmen sie nun eine alte Germanensiedlung, so werden sie meist nichts anderes vorgefunden haben als eben einen günstigen Siedlungsplatz, eventuell mit einigen Resten als Hinweis, daß er als solcher auch schon ihren Vorgängern ge­dient hatte. Benützten sie diesen Platz, so waren sie Neugründer eines slavischen Dorfes, jedoch auf altem germam­schem Siedlungsgrund. Daneben gründeten sie sicher auch auf ganz neuen Stellen ihre Dörfer.

 

 

BESCHREIBUNGEN NACH SCHWOY UND WOLNY

Quellen Schwoy

Der Topographie von Mähren

III.           Band

enthält den Prerauer-, Znaimer- und Iglauer Kreis

Irritz, mälir. Girzice, oder Irzice, ein Markt von 79 Häusern, 369 christlichen, 80 jüdischen

Seelen, mit einer Pfarrei, und einem Schloß, eine Stunde nordwärts von Dürnholz,

zwischen Nikolsburg und Kromau gelegen, ist für sich ein besonderes Gut von 10~~~/64

Lahnen, 1147 fl. obrigkeitlicher Schätzung. Der Ort hat eine Judengemeinde, von 15

Familien, die eine Synagoge haben, und besitzt an Gründen 1261 Joche gutes Ackerland

(darunter 223 Joch Mayerhoffelder), 32 Joche Gärten, 36 Joche Weingärten, 36 Joche

Wiesen, 69 Joche Hutweiden, und 28 Joche Herrschaftlicher Teuchte.

Im Jahre 1624 erkaufte der Fürst und Kardinal Franz von Dietrichstein das Gut Irritz von Joachim Spanowsky oder Zbanowsky von Lissowa um 5000 Thaler mährisch, und im Jahre 1634 schenkte er es der Propstei zu Nikolsburg. Der jeweilige Propst an der Nikolsburger  Kollegiatskirche ist seitdem Besitzer von Irritz und der Propst Johann Jakob Cechotti von Eherensberg hat zwischen den Jahren 1750 und 1760 das hiesige Schloß neu erbaut (Vor drei Jahren brannte der ganze Ort, ohne das Schloß und die Kirche ab).

 

Quellen:          Gregor Wolny
Mähren

topographisch, statistisch und historisch geschildert von Gregor Wolny

III.           Band

Znaimer Kreise - Gut Irritz

LAGE

Liegt im Osten des Kreises hart an der Grenze der Brünner, zwischen dem Dominium Dürnholz, Krummau und Bochtitz.

 

BESITZER

Dieser ist der jeweilige Propst des Nikolsburger Kollegial­stiftes, seitdem das Gut nämlich der Kardinal und Bischof Fürst Franz von Dietrichstein ,,aus Liebe zu dem von ihm gegründeten Kollegialstift bei St. Wenzel dem Propst Otes­law von Kopenic und dessen Nachfolgern am 23.4.1634 unter der Bedingung geschenkt hatte, daß die Pröpste alljähr­lich am Maria Lichtmeßtag dem jeweiligen Besitzer von Ni­kolsburg aus diesem fürstlichen Haus eine einpfündige weiße Wachskerze darbringen, und den bei derselben Kollegial­kirche gestifteten Knaben 3 Mut Roggen und 15 Metz Weizen von dem Gut abführen sollten (Buch Seite 248 siehe unten:

dto. na hrad. Niklspurk. u. B. L. XXXIV. 31). Der Kardinal hat aber das Gut (Veste und Städch. Irritz) mit 1 Hof und einem 2ten von einer Frau Wrochinowa dazu erkauften wie auch Weingärten von dem Bechiner Kreishauptmann Joachim Spanowsky v. Lisowar im Jahre 1628 um 5000 fl. rh. erstan­den (Seite 248 unten: XXXIII, 10). Von früheren Besitzern weiß man nur so viel, daß der Ort im Jahre 1581 dem Sig­mund Ciswic von Gebersdorf gehörte, der bereits 1586 ver­storben war (Stadt Znaim Conceptbuch Fol. 74. Hdschft). In früherer Zeit dürfte das Gut Irritz zur Herrschaft Krummau gehört haben, wofür der Umstand spricht, daß, als sie im Jahre 1625 dem Fürst Gundakar von Liechtenstein verkauft wurde, das Städtchen Irritz jährlich 1 weiße und gut gefüt­terte Zinsgans auf das Krummauer Schloß abzuführen ver­pflichtet war (Nikolspurk XXXII. 9).

BESCHAFFENHEIT

Der Flächeninhalt beträgt 1414 Joch 302 1/2 O.Kl. eines durch-weg flachen Bodens, der in allen Richtungen von sanften An­höhen umgeben ist. Am fließenden Gewässer fehlt es ganz und die ehemaligen Teiche sind längst in Wiesen umgewan­delt worden.

Die katholische Bevölkerung deutscher Zunge zählt 580 (280 männl., 300 weibl.) und die jüdische 138 (68 männl., 70 weibl.) Seelen. Die erstere lebt von der Landwirtschaft, und die andere vom Hausierhandel.

 

 

LANDWIRTSCHAFTLICHE BODENFLÄCHE

Dominik Rustik

 

An Ackern:

            232 Joch 823 5/6          O.Klftr. 1065 Joch 171     O.Klftr.

 

An Wiesen:

            26Joch491                     O.Klftr.  22Joch148           O.Klftr.

 

An Hutweiden:

14 Joch 7605/6            O.Klftr.  18 Joch 1243/6 O.Klftr.

 

An Weingärten:

               4 Joch 485                  O.Klftr.  31 Joch 498         O.Klftr.

 

Summe:
          277 Joch 9604/6          O.Klftr. 1136 Joch 941 3/6 O.Klftr.

 

Es ist indessen zu bemerken, daß von dem ausgewiesenen Dominikalbestand in obrigkeitl. Benutzung nur 168 Joch 618 O.Klftr. Acker, 4 Joch 485 O.Klftr. Weingärten, 21 Joch 10960 O.Klftr. Wiesen und 8 Joch 267 O.Klftr. Hutweiden sind, der Rest hingegen gegen Zins in emphiteut Eugentum des Untertans überging.

Der tragbare Boden besteht aus schwarzer Dammerde mit lettiger Unterlage, ist schwer, und liefert nur bei guter Dün­gung und Lockerung reichliche Ernten, vorzugsweise an Wei­zen und Hirse. Dem Weinbau, der vor 200 Jahren stark betrieben wurde (siehe Besitzer zum Jahre 1628) soll jetzt das Klima ungünstig sein, und er ist daher ebenso wenig erheblich wie die Obstbaumzucht, welcher der Boden durchaus nicht zusagen will. Bei gänzlichem Mangel einer Waldung muß der ganze Holzbedarf aus der Fremde bezogen werden. Die Jagd ist niederer Art.

 

LANDWIRTSCHAFTLICHER VIEHBESTAND

                             obrigkeitlich                  untertänig

Pferde:                 4                                    57 Stück

Rinder:                 36                                   104 Stück

Schafe:                                                       141 Stück

nebst dem nötigen Borsten- und Federvieh. 1 obrigkeitlicher

Meierhof.

 

GEWERBE

Ist nicht erwähnenswert, nur unter den Juden gibt es 5 Hau­sierer, Marktfieranten, Krämer, nebst 11 Garn-, Leinwand-, Kotton- und Baumwollhändlern. Der anderweitige Handel beschränkt sich auf Absatz dessen, namentlich von österrei­chischen Fruchthändlern gesuchten Weizens und gestampfter Hirse (Brein), welche Artikel mitunter auch in Brünn und Znaim verkauft werden, mit welchen Städten das Gut durch die nur eine Stunde entfernte Znaimer Poststraße in Verbin­dung steht. Der nächste Postort ist Pohrlitz.

Eine katholische Trivialschule ist in Irritz, in der auch jüdi­sche Jugend den Normal-Unterricht erhält, und ebenda die bestehende Armenanstalt täglich 4 Arme mit täglich 6 Kreu­zer betreut und nur 150 fl. W.W. Kapital hat.

Das Sanitäts-Personal besteht aus 1 Wundarzt und 1 Heb­amme.

 

ORTSBESCHREIBUNG

Der einzige Markt und zugleich Arntsort Irritz (Gjrzice) ge­hört zu diesem Dominium und besteht aus 115 christlichen und 14 jüdischen Haushalten mit der oben angegebenen Be­völkerung.

Nebst einem vom Propst Joh. Jak. Cechotti von Ehrensberg zwischen 1750 und 1760 neuerbauten Schlößchen und 1 Mhf. ist hier auch eine Pfarrkirche und Schule, welche dem obrig­keitlichen Schutz und dem Wolfr. Dekanat unterstehen, und zu deren Sprengel nebst Irritz noch die fremdhftl. DD. Tull­nitz, Damitz und Dornfeld gehören. Schon im 15. Jahrhun­dert war hier eine Pfarrei (So kommt 1461 ein Thomas, als dasiger Pfarrer urkundlich vor) und scheint nicht in prot. Be­sitz geraten zu sein, weil noch 1612 ein katholischer Pfarrer, mit Namen Valentin, in einer Urkunde vorkommt. Damals war die Kirche dem HI. Udafrich geweiht, und wurde erst von 1714 an der Hl. Anna zu Ehren neu aufgebaut und mit drei Altären versehen, nachdem die Gemeinde auf eigene Kosten auch den Turm (2 Glocken haben die Jahreszahl 1642) aus­geführt hatte. Im Jahre 1831 wurde die Kirche nach einem vorhergehenden Brand neu erbaut. Auch die Judengemeinde hat hier eine Synagoge und die Christen ein Gemeindehaus, welches ihnen von der Obrigkeit durch das Geschenk des s.g. Edelhofes (Jenes der obigen Frau Wrochinowa. S. die Besit­zer) mit 15 Joch Ackern und der fortwährenden Weinschanks­gerechtigkeit gegen einen jährlichen Zins schon im Jahre 1635 zuteil wurde. Irritz hat 3 Jahrmärkte (Dienstag nach dem schwarzen Sonntag, 8. August und 8. Oktober) und litt öfters durch Feuersbrünste, namentlich auch in den Jahren 1774 (Judengasse Synagoge), 1790 (Judengasse und der ganze Markt mit Ausnahme des Schlößchens und der Kirche) und 1831, wo neben 27 christlichen auch die Kirche samt dem schönen Turm verbrannte. Auch die Franzosen haben in den Jahren 1805 und 1809 diesen Ort hart mitgenommen, indem im letzteren Jahre zwei ihrer Lager in einer Entfernung von nur zwei Stunden (bei Hosterlitz und Guldenfurth) durch volle vier Monate aufgeschlagen waren. Die Brechruhr hat daselbst in den Jahren 1831 und 1832 25 Menschen getötet.

 

GESCHICHTLICHES

Von der ältesten Geschichte des Ortes ist nur bekannt, daß er schon bestanden habe, da die Bewohner Mährens noch Heiden waren. Er schien zu jener Zeit auf einer Teichinsel gestanden zu sein. Jetzt noch lassen sich die Ufer des Teiches rings um den Ort finden. Gefäßüberreste, die nach Aussagen der Leute hier angeblich gefunden wurden, lassen auf eine uralte Sied­lung schließen. Infolge der Ausbreitung des Christentums durch Cyrillus und Methodius, welche im Jahre 863 nach Mähren (Velehrad) kamen, wurden die Bewohner von Irritz Christen. So wird der Name Irritz, wie Leute erzählen, auf nachangeführter Begebenheit zurückgeführt.

Als die beiden Bischgfe Cyrillus und Methodius auf die Anhö­he vor Tullnitz kamen, wo der ganze Anblick unter Wasser stand, sollen sie ausgerufen haben: tu-nic (Tullnitz) a tam­nic (Damitz). Die Nachbargemeinde bestand damals aus 4 bis 5 Fischerhäuschen. Infolge der Ungangbarkeit der Wege kamen sie sehr spät an. Sie waren irr gegangen: Irritz!

Ottokar II. und sein Vater Wenzel 1. von Böhmen verliehen im Jahre 1249 (?) 1262 dem kampferprobten, einflußreichen österreichischen Herrn Heinrich von Lichtenstein (gest. 1266), einem Führer des österreichischen Adels, das Marktdorf Ni­kolsburg samt Burg. Später erwirbt dieses Geschlecht Lände­reien und Orte der Nachbarschaft. Ottokar gibt Dürnholz anno 1249 und Zugehör ins Eigentum des Heinrich von Lich­tenstein, sobald Wilhelm und Hermann von Dyrnholz auf ihre Ansprüche verzichten.

In seine Burg von Feldsberg geleitet 1278 nach der Schlacht von Krutenfelde Heinrich von Lichtenstein den deutschen Kaiser Rudolf von Habsburg. Im Jahre 1350 finden wir die ersten geschichtlichen Daten von Irritz, wo es heißt, daß in genanntem Jahre Markt Irritz samt Gut dem Sct. Klara Non­nenstift in Znaim gehörte. Es läßt sich aber nicht nachweisen, seit wann oder von wem es demselben geschenkt wurde.

Im Jahre 1385 kaufte Johann von Lichtenstein und seine zwei Brüder Lundenburg und 1394 Schloß und Markt Dyrnholz samt Irritz an.

Der Ort Irritz ist bereits im 14. Jahrhundert in den Brünner Landtafeln genannt (4. Seite 173). Johannes des Swabenitz Martino de Yrzicz et suis heretibus in villa Wrbicz Curiam cum et omnibus pertinendis pro XLVI marcis vendivit anno 1365. deutsch: Johann von Swabenitz verkaufte dem Martin von Irritz und seinen Erben einen Hof in Wrbitz sammt Ackern und allem Zugehör um 46 Mark (1 Mark = cirka 20 Fl. = 400 kc = 40 RM). In den gerichtlichen Gedenk­büchern im Landesarchiv in Brünn finden wir folgende Daten:

Predstoupil p. Indrvich Zahrade'cky 5 dvema strejci svy'mi etc a zaloval na sestru svou, ktera 5L tak nehrube za Spanovskeho vdala, cadayic, aby pamet toto zapsana byla: ,,Ze jest pani Ma'nda na onen cas Hodicka'z Zahradek nekdy sestra strejna a Prytekyne naze proti vuh naz'e p. Joachyma Spanovskelo z Lisova a na Jirzicich vzala (Pamevt p. Joachima Spanovskeho a. p. Mandy dtto 15 Martii anno 1613).

Der älteste bekannte Pfarrer von Irritz ist jener bekannte Johann, welcher im Jahre 1387 als Hörer der Rechte an der Universität zu Prag immatrikuliert wurde. Sein Nachfolger scheint Peter von Ratschicz im Jahre 1411 gewesen zu sein (Schway Topographie).

Um 1460 erhielt die Pfarre ein Thomas, welchen die Osla­vaner Abtissin ,,Dorothea' als Meßpriester zum St. Wolf­gangaltare in der Treskowitzer Kirche präsentierte.

Ihm mochte Johann, Sohn des Jeschko, gefolgt sein, für dessen Seelenheil die Gemeinde Irritz eine ewige Frühmesse 4mal in der Woche beim Sebastian-Altare in der Pfarrkirche zum Hl. Udairich fundierte, und zwar mit einem vom Pfarrer nachgelassenen Weingarten.

Um diese Zeit dehnte sich vom Orte Irritz bis zur Grenze von Treskowitz ein bedeutender Wald aus, dessen Überreste erst mit dem 19. Jahrhundert verschwanden. Als Weingebirge ist die heutige Kellerbreite und die angrenzenden Felder ersicht­lich an alten Karten.

Laut Hausprotokoll der Pfarre Irritz war die erste Kirche aus Holz, an deren Stelle wurde später, wahrscheinlich im 15. Jahrhundert, eine gotische Kapelle erbaut. Reste von goti­schem Maßwerk und gotischen Gewölberippen werden im Pfarrhof aufbewahrt. Diese Kirche war dem Hl. Udalrich geweiht.

Laut Angabe des gegenwärtigen Pfarrers sind an Denkmälern aus dieser Zeit in der Pfarre in Verwahrung:

1.  Ein Grabstein-Fragment aus rotem Salzburger Marmor mit der Jahreszahl 1524 und einem Wappen aus zwei ge­kreuzten Pfeilen.

2.  Ein Grabstein-Fragment aus Sandstein mit der Jahres­zahl 1522.

3.  Eine Sonnenuhr mit der Jahreszahl 1522.

4.  An Fragmenten von der 1. Gotischen, wahrscheinlich 1522 erbauten Kirche mit dem Patorn St. Ulrich, ein Gewölbe­beschlußstein mit einer Rosette, Maßwerk von gotischen Fenstern und eine Fenstersäule, eine eiserne Kirchentüre mit schwerem gotischen Schloß, war noch im Jahre 1890 in Verwendung, als Verschluß einer Wandnische in der alten Sakristei. Dieselbe wurde im Jahre 1913 vom Pfarrer dem mährischen Gewerbemuseum in Brünn zugesendet.

 

Die wahrscheinlich 1522 erbaute, dem Hl. Udalrich geweihte Kirche war, wie aus schon oben genannter Fundation, der Ge­meinde Irritz für Johann, Sohn des Jeschko, ersichtlich, die erste im gotischen Stil erbaute Kirche von Irritz. Der Altar wurde überdies mit Kelch, Meßbuch und Kapseln, der Altar ist aber, welcher den Weingarten genoß, mit Wohnung ver­sehen. Die Stiftung wurde 1507 unter dem Pfarrer Andreas bestätigt. Das Pfarrpatronat bestätigte Papst Alexander VI. dem St. Clara Nonnenstift in Znaim.

Um das Jahr 1560 fanden auch die Lehren Martin Luthers hier vollen Eingang, eine bedeutende Zahl der Einwohner nahm dieselbe an, war doch der damalige Gutsherr - die Herren vom Lichtenstein - zum protestantischen Christen­tum übergetreten. Da erschienen an ihrem Hofe evangelische Prediger aus dem deutschen Reiche als Pastoren und Visi­tatoren.

Seit 1557 predigte in Treskowitz bei Irritz der Pastor Bal­tasar Lyra aus Wittenberg, dem Ausgangspunkt der Neuen Lehre Luthers.

Der Übertritt zum evangelischen Christentum in Irritz wurde auch dadurch mächtig gefördert, daß der Pfarrer von Irritz die Leute aneiferte. Von ihm heißt es, daß er nicht ganz recht gläubig war. So neigten denn die Irritzer unter ihrem Pfarrer A. Silesius der neuen Lehre zu.

Ein auf dem Kirchendach befindliches steinernes Kreuz mit der Jahreszahl 1541 ließ auf die Vermutung schließen, daß die dem Hl. Udalrich geweihte Kirche in diesem Jahre erbaut worden sei. Diese Annahme ist aber nach dem Dokumentenbuch unrichtig, da dieses Buch besagt, daß mit dem Bau dieser Kirche im Jahre 1714 begonnen wurde. Das Kreuz also wurde nur von der früheren Kirche verwendet.

In der Zeit von 1570 bis 1622 war Mähren ein Land der ver­schiedenen Religionsparteien  (Katholiken, Evangelische, Utragquisten, die Brüderumität und die Sekte der Wieder­täufer). Davon von Irritz keine betreffenden Daten. Für die Sekte der Wiedertäufer war Frischau der Mittelpunkt für Südmähren.

Im Jahre 1624 sollen 10.000 Taufgesinnte nach Ungarn ge­zogen sein und ebensoviele katholisch geworden sein. Einer ihrer hervorragendsten Führer, Dr. Baltasar Hubmaier, aus Süddeutschland nach Nikolsburg gekommen, wurde von dort nach Wien gebracht und 1628 verbrannt (?).

Im Jahre 1560 verkauft Christof IV. von der Linie Lichten­stein gegen den Willen der Verwandten einen Teil seines Be­sitzes an den ungarischen Magnaten Ladislaus Kretscheny, der andere Teil verblieb bei Wolf von Lichtenstein. Zur Zeit Leonhards von Lichtenstein waren dessen Güter der Haupt­sitz der Evangelischen gewesen. Als das Haus Kretscheny kinderlos starb, fielen die hierdurch erledigten Lehen an Kai­ser Max II. Dieser verkaufte den Grundbesitz an seinen Ver­trauensmann Adam von Dietrichstein (1V5). Adams Sohn, Franz von Dietrichstein, der berühmte Kardinal und Bischof   von Olmütz, läßt das vergrößerte Dominium durch kaiser­liche Gnade 1624 zum Fürstentum erheben.

1625 bestätigt Ferdinand II. die Stiftungen des Kardinals. Unter diesem Fürsten kam auch das Gut Irritz an die ,,Prop­stei Nikolsburg' 1634.

Der mähr. Generalkommissär und Landeshauptmann Franz von Lichtenstein, der Mähren mehr durch Klugheit, Beispie' und Wort als durch Gewalt zum Katholizismus zurückführte, erwarb sich auch bei uns gleiche Verdienste, denn seit 1634 zeigt Irritz eine geregelte Seelsorge.

1578 überläßt Kaiser Rudolf II. Irritz mit 2 Insassen an Hartmann von Lichtenstein.

Im Jahre 1581 besitzt Sigmund von Ciswicz und Gebersdorf bis zu seinem 1586 erfolgten Tode Irritz.

1581. Bis zu diesem Jahre kennt man keinen Pfarrer in Irritz. Pfarrer Silesmus erhält die Pfarre samt Zehent auf Lebzeiten. Soll Pfarrhaus bauen und muß jährlich 1 Mut Weizen und ebensoviel Korn und Hafer dem Kloster abführen.

Zur tieferen, ernsteren Betrachtung veranlaßt uns das Ver­schwinden von nahezu 10 Ortschaften in der Umgebung von Irritz. Es sind dies die Orte: Paulowitz vor Leipertitz, Wolfs­gersten auf dem Territorium der jetzigen Ortschaft Dornfeld, in welchem Ort sich sogar nachweislich 1409 - 1410 eine Pfarre befand, sowie die Orte Libitz, Schemnitz, Milkowitz, Wolkowein, Latein, Krvizvowitz, Johannesstadt, Rochowitz. Forschen wir der Ursache dieser traurigen Erscheinung nach, so finden wir sie begründet in der furchtbaren Krankheit, ,,der schwarze Tod' genannt, welche von Asien kommend, über Italien und nach allen Ländern Europas übergriff. Ein zweiter Grund war die öfters verheerende Plünderung der damaligen Soldateska, die ständigen Religionsstreitigkeiten und die hierdurch bedingte Auswanderung von nahezu 10.000 Wiedertäufern aus Südmähren allein, sowie zuletzt die Greueltaten der Schweden unter Torstenson.

Ich will nun das Schreiben der Abtissin des St. Klara Nonnenstiftes in Znaim, das mir denn doch vielmehr als ein ,,Präsen­tationsschreiben' an Pfarrer Silesins zu sein scheint, folgen lassen. Das Original, auf Pergament, mit anhängenden Si­gellen, erliegt im Mähr. Landesarchiv: Act. St. Klara in Znaim Cit. Do Nr.11.

,,Wir Katharina von Wagenitz, Abtistin des Gotteshauses bei unserer Frau in der Stadt Znaim, Anna Prorin, Dorothea Cantryx mit samt dem ganzen Konvent bekennen mit diesem offenen Brief vor jeder manniglich, daß vor uns erschienen ist der ehrwürdige geistliche Herr Peter Silesius, derzeit Pfarrherr in unserem Markt Irritz und anzeiget, wie der Pfarrhof zu Irritz gar so öde und baufällig ist, daß es von Nöten ihn zu bauen. Er aber, wenn er bauet (weil wir alle sterblich sind) damit er auch das genießen möcht, versorgt werden. Welches wir, weil uns wohl bewußt ist, uns um eine Versicherung o. Konfirmation der dieser Pfarrer auf sein lebenlang demütiglich gebeten hat, daß er zu seinem priester­lichen Stand: Ehrlich und Ordnung der Kath. Kirche berufen, sich allen Zeiten wohlgehalten, auch unserem Kloster viel ge­dient hat, Ihm sein bittliches Gebet nicht haben abschlagen können, sondern Ihm eine Conflrmation auf sein Leben lang als eine vollmächtige Collatri(x) über diese Pfarre geben, auf das er als mein kath. Priester zuständig ist, die Kirche fleißig versehe, alle Zehent, wie möchten genannt werden, welche von altersher zu dieser Pfarre zu Jrritz gehören, Macht hat, sie ohne alle Verhinderung einzufordern und zu genießen, da­von jährlich zu Weihnacht uns und unserem Nachkömmung jetzt und zu ewigen Zeiten wie es zu Alters gewesen ist:1 Mut Weizen, 1 Mut Korn und 1 Mut Habern zu geben, schuldig ist den Pfarrhof zu bessern und zu bauen, zu welchem Gebau die Gemeinde Irritz von Alers Roboten schuldig ist.

Entgegen wir oben bemerkte Abtistin mit samt dem ganzen Konvent und allen unseren Nachkommen, verheißen ihn mit nicht mehr zu beschweren, bei seinem Leben und nach seinem Tode, was er viel oder wenig hätt Ihn und den Seinigen (oder wenn er etwas gutes zu tun vermacht) mit nichten darin zu greifen, noch anderen zu lassen, sondern darüber Hand zu halten und frei und ohne Hindernis passieren.

Zur besseren Urkund und Sicherheit haben wir Abgemeldete Abschrift in unserer Abtistei und des Convikts Insiegel auf­drucken und anhängen lassen, welcher gegeben ist XIV De­zember anno nach Christi Geburt 1581.

In früherer Zeit dürfte das Gut Irritz zur Herrschaft Mähr. Kromau gehört haben, wofür der Umstand spricht, daß, als die letzte im Jahre 1625 dem Fürsten Gundakar von Lichten­stein verkauft wurde, das Städtchen Irritz jährlich eine weiße und gut gefütterte Zinsgans auf das Mähr. Kromauer Schloß abzuführen verpflichtet war.

Im Jahre 1628 hat Kardinal Fürst Franz von Dietrichstein das Gut (Veste und Städtchen) Irritz mit Hof und einem zweiten von Frau Wrochina, wie auch Weingärten von dem Bechiner Kreishauptmann Joachim Spanovsky von Lisowar auf Irritz um den Betrag von 5.000 FI. eingekauft.

Schon im Jahre 1652 hatte sich der Propst von Nikolsburg an das St. Klara Nonnenstift in Znaim gewandt wegen der Überlassung des Patronats, was auch im selben Jahr bewil­ligt wurde.

Das Ordinariat hatte dem Propst erlaubt, durch 3 Jahre den Gottesdienst in der hiesigen Schloßkapelle abhalten zu dürfen, um inzwischen mit Hilfe der Gläubigen die eingestürzte Pfarrkirche neu aufzubauen.

In jener Zeit finden wir die Irritzer Kirche eingestürzt in­folge des 3ojährigen Krieges, zur Seelsorge nicht geeignet, deshalb mußte eben der Gottesdienst in der Schloßkapelle abgehalten werden.

1634 hat der Kardinal Fürst Franz von Dietrichstein aus Liebe zu dem von ihm gestifteten St. Kollegialstiftes St. Wenzel in Nikolsburg dem Propst Odes"lav von Kopenitz und dessen Nachfolgern am 23. April unter der Bedingung ,,Ir­ritz' geschenkt, daß die Propste jährlich am Maria Lichtmeß­tag dem Besitzer von Nikolsburg eine empfündige weiße Wachskerze darbringen und dem bei derselben Kollegialkirche gestifteten Knaben 3 Mut Weizen und 15 Metzen Korn abführen sollten.

Da zu dieser Zeit Irritz ganz verarmt war, schenkte im fol­gen Jahr 1635 der Propst Odeslav von Kopenitz den der Ob­rigkeit gehörigen Edelhof, als Gemeindegasthof der Ge­meinde. Zu diesem gehörten 27 Metzen Feld, wofür 10 Fl. 24 Kr. Steuer gezahlt wurden. Eingetragen waren auch nicht zu diesem Hause die früheren Weingärten „Tutschern“, die jetzt in Felder umgewandelt sind. Bestehend aus 36 Achteln von der Grundsteuer befreit. Von jedem Achtel wurden 24 kr. Abgaben gezahlt. Früher gab es 55 Achtel. Sie mußten 9 Maß Most Zinsen (was 52 Eimer ausmacht) und der Obrigkeit nach dem Weinbergrecht 24 kr. zahlen.

Die Schenkungsurkunde des Propstes Gregonus Oteslav von Kopenitz vom 8.2.1638 liegt der Chronik unter Beilage Nr.2 bei. Hier wäre laut Gemeinde-Inventar 1864 noch hin­zuzufügen: Unser Gemeindegasthaus - der im Jahre 1638 der Gemeinde geschenkte Edelhof - wozu noch rückwärts ein Garten und eine Stallung gehörte, welch letztere als Woh­nung für die aus Grusbach vertriebenen Juden verwendet wurde, und auch auf diese verteilt wurden.

Die aus gleicher Zeit stammende Granitzbeschreibung zwischen dem zur Hochfürstlich Emanuel Lichtensteinschen Herr­schaft Mähr. Kromau gehörigen Dorf Leipertitz, dann dem Hochwürdig Nikolsburger Propstlichen Gute Irritz in dem Marktgraftum Mähren gelegen, erliegt im Original, leider ohne Datum und Fertigung der Chronik unter Nr.1.

Seit 1643 brandschatzten die Schweden unter ihrem Führer Torstenson im ganzen Südmährerland, auch bei uns. Hier lagerten sie am Leipertitzer Berg (4 Monate). Nach und neben den Kriegsgreueln raffte Not und Krankheit die Menschen dahin. Die Pest wütete im Lande. In der Zeit des Krieges und der Unsicherheit, der Mißernten und der Teuerung hatte das Halsgericht viel Arbeit.

Die Irritzer SchuleSchule 10/2000 bestand schon vor dem Jahre 1652. Der erste genannte Schulmeister war Matthias Groh aus Asch­meritz, 26 Jahre alt und unbescholten.

Nach dem Kataster waren in Irritz im Jahre 1656 29 alt­angesessene Wirtschaften, und zwar:

13 Ganzlähner mit je 84 Metzen Feld (zirka 20 ha) 1. Kl.

4 Halblähner mit je 42 Metzen Feld

12 Viertellähner mit je 21 Metzen Feld

Zusammen wurden 271 Felder benutzt, das sind 1512 Metzen Feld 1. Kl. oder 15.1/8 Lahn (1 Lahn = 100 Metzen).

Hier befanden sich auch die Freihöfe des Jakob Suck und der Witwe Sabine Stupan, die zur Herrschaft Dürnholz gehörten und auch dort ihre Steuern abführten.

Es wurde Robotleistung gefordert von:

13 Halblähner ~ 2 Fl. 20 ltr. Zins, 3 Hühner, 15 Eier (Vieh-zins). Von Wenzelei bis Georgi im Schnitte die ganze Woche zu Fuß Robot, von Georgi bis Wenzelei 3 Tage mit 2 Pferden. 22 Viertellähner: 55 kr. Zins, 2 Hühner, 10 Eier.

Im Schnitte eine Person die ganze Woche Fußrobot, die übrige Zeit eine Person 3 Tage Fußrobot.

29 Häusler: keinen Zins, das ganze Jahr wöchentlich eine Person 1 Tag Fußrobot.

Der Beginn der Robot war nicht an eine bestimmte Zeit ge­bunden, gerobotet mußte werden von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Zum Frülistück und zur Jause war eine Stunde Zeit, zum Mittagessen 2 Stunden Ruhe.

Der Pfarrer bezog den ganzen Zehent mit Ausnahme der Riede: Tiltscher, Erstberger und Wohlhäuter. Der Zehent ge­hörte der Obrigkeit.

Im Jahre 1774 lesen wir, Die gegenüber dem herrschaftlichen Schloß stehende Statue des Hl. Johannes wurde im Jahre 1724 an Stelle des dort gewesenen Prangers, wie es in der Gemeinderechnung vom Jahre 1811 heißt: „Dem Steinmetzmeister unter Abrechnung des ehemaligen Prangers und der dahingestellten St. Johannes-Statue 184 Fl.- errichtet.“

Im Jahre 1774 lesen wir, daß in Irritz Israeliten daselbst seßhaft seien und ein Tempel hier befindlich ist.

Mit Robot-Abolitions Kontrakt vom 17. Juli 1784 erscheinen die Robotsverhältnisse bedeutend erleichtert (Kaiser Josef II.) erliegt unter Beil. Nr.4.

Im Jahre 1790 wurde die Erfurther Straße von einem furcht­baren Feuer heimgesucht, auch der ganze Markt mit Aus­nahme des Schlosses und der Kirche fielen damals dem Brand zum Opfer.

Das Dorf Dornfeld wurde im Jahre 1785 durch die Auflas­sung des dortigen - den Jesuiten gehörigen - Hofes gegrün­det. Im Territorium des neu eingepfarrten Ortes lag ehemals der Ort ,,Wolfsgersten', in dem sich nachweislich 1409 bis 1410 eine Pfarre befand.

Mit kaiserlichem Privilegium vom 8. Juli 1783 wurde der Marktgemeinde Irritz die Abhaltung von 3 Jahrmärkten bewilligt.

Eine Zählung der Bevölkerung im Jahre 1785 ergab folgen­des Ergebnis:

Irritz - 120 Häuser - 611 Seelen.

Am 18. 11. 1805 rückt der Vorposten-Kommandant der feindlichen französischen Truppen Doapal um 2 Uhr nach­mittags mit seiner Suite von 60 Mann in Irritz ein, nahm Quartier im Pfarrhof, wo er 8 Offiziere zum Souper einlud. Er nächtigte da und trat am 19.11. früh seinen Marsch nach Brünn an. Sein Adjutant führte des Pfarrers 2 Schimmel aus dem Stall und so kam jener um seine prachtvollen Pferde. Am 19.11. um 9 Uhr morgens rückten 16.000 Mann zu der gegen Dornfeld stehenden Martersäule ins Lager, hielten 3 Stunden Mittagmahl, wozu die benachbarten Ortschaften Brot, Wein und Fleisch liefern mußten. In den Pfarrhof ka­men alle Offiziere von diesen 16.000 Mann nebst dem Prin­zen Lannes. Genannter Prinz, sonst gegen den Pfarrer sehr freundlich, schaffte für 30 Mann Mittagmahl an. Da nun der Pfarrer für nicht mehr als 12 Mann Service im Vorrat hatte (das andere war alles vergraben), so dachte er keinen Glauben zu finden, daß er nicht mehr in seinem Vermögen hätte als für 12 Personen Tischzeug, und um sich keiner Mißhandlung aus zusetzen, flüchtete er zur Herrschaft nach Grußbach. Aber wie bedauerte er nach 24-stündiger Abwesenheit, nicht zu Hause gewesen zu sein, als er von seinen Hausleuten erfuhr, daß 30 Personen zur Zufriedenheit bedient worden seien und daß alles nach dem Pastor gefragt, um sich für gute Bedienung zu bedanken. Besonders bedauerte er, daß er den Usurpator Na­poleon Bonaparte nicht gesehen, der sich während des Mittag­mahles, auf seinem Schimmel sitzend, mit seinen Ministern und Generälen, die in ihren Wagen saßen, welche um die Kirche standen, unterhielt. Da endlich die Offiziere im Pfarr­hof beim Mittagmahle verblieben, so kam er selbst dahin, setzte sich zur Tafel, trank 2 Gläser Wein und aß ein Stück Brot, sodann wurde der Marsch nach Pohrlitz angetreten. Am 20.11.1805 (vor der Ankunft des Pfarrers von Grußbach) kam eine Rotte Franzosen, die den pfarrlichen Wein­keller vis a vis der Kirche mit 155 Eimer der ältesten Weine ausplünderte, daß der Pfarrer am nächsten Tag keine Messe lesen konnte.

Im Jahre 1809 ist die feindliche französische Invasion im Monat August, gerade zur Schnittzeit, zum zweitenmale nach Irritz gekommen. Beide Male hatten die Franzosen (1805, 1809) den Ort stark mitgenommen, besonders im letzten Jahr, hatten sie doch in der Nähe zwei Lager aufgeschlagen, in Hosterlitz und in Guldenfurth, wo sie durch 4 Monate lang verblieben. Auch diesmal hatte der Pfarrer arg zu leiden. Mit vielen Unkosten hatte er eben seine Fechsung einbringen las­sen, unter anderem auch 6 Faß Wein, um den er wieder kam, da er teils ausgetrunken, teils geliefert werden mußte.

Jm Jahre 1831 brach in der Scheune des Pfarrhofes Feuer aus. Bei dem herrschenden Wind entzündete sich das Schindeldach der Kirche, die Glocken schmolzen. Der damalige Musterlehrer Franz Müller hinterließ über diesen Brand folgende Aufzeichnung: ,,Am 21.5.1831 hat es in Irritz gebrannt, es war 3 Uhr nachmittags bei einem heftigen Winde, wobei Kir­che und Turm abbrannten, die Glocken zerschmolzen und das Gewölbe der Kirche einstürzte, die Orgel wurde zerlegt und im Schloß aufbewahrt. Nebstbei sind 27 Häuser abgebrannt und die pfarrherrlichen Wirtschaftsgebäude. Die Funken sind durch das in schlechtem Zustand befindliche Schuldach, durch die Dachziegel so gedrungen, daß man jeden Augenblick glaubte, selbes werde sich entzünden. Das Schulgebäude blieb verschont, doch waren die am Boden befindlichen Kleider von den Funken ganz durchlöchert und das dort aufbewahrte Mehl unbrauchbar geworden.'

Im gleichen Jahre ist die Cholera im Monat Oktober in Dornfeld ausgebrochen, wo ein einziger Mann namens Friedrich Matthias starb. Irritz, Damitz und Tullnitz blieben verschont. Im Jahre 1832 wütete in Irritz die Cholera und auch in den eingepfarrten Ortschaften starben viele, doch bestand der Schulunterricht weiter.

Unsere Flurnamen sind beredte Zeugen, daß Irritz seit denk­baren Zeiten deutsch gewesen ist, nach dem Kataster vom Jahre 1834, hier ausgewiesen: „Ortsried, Stadtäcker, Unter, ­Oberwechsel, Teich und Freiäcker, Haidfeld, Ernstberger, Neuriß, Grafenfeld, Tiltschern, Öde Weingärten, Hausäcker, Roßweid, Halbe Quanten, Langes-, Kleines-, Großes- und Kurzes Feld, Wohlhäupter, Berg- und Schmalließ.“

Irritz im Jahre 1834:115 Häuser mit 580 Einwohner.

An das arge Feuer im Jahre 1831 erinnert folgender Feuerspruch eines Irritzer Bürgers: ,,Die Feuerflamme griff von Haus zu Haus, auch an den Turm im Gotteshaus. Die Glocken zerschmolzen, das Gewölbe stürzt ein, das Wiederherstellen soll Gott empfohlen sein. - M.H. Nr.105.'

Im Jahre 1836 zeigt sich eine epidemische Brechruhr (Cholera) wieder in Damitz, nachdem sie schon seit 1832 keinen Men­schen aus dem Pfarrbezirk befallen hatte. Das große steinerne Grabkreuz im Barockstil auf dem neuen Friedhof stammt aus dem gleichen Jahre. Der alte Friedhof lag bis zum Jahre 1833 an der Stelle der alten Kirche und wurde erst im genannten Jahr im Sinne der Josefinischen Verordnung (1783) außer­halb des Ortes verlegt. 1837 wurde der Irritzer Friedhof er­weitert und mit einer Steinmauer umgeben.

Im Jahre 1845 war hier eine arge Mißernte.

Im Jahre 1846 hat es hier am 23. Feber um 1.13 Uhr nach­mittags abermals gebrannt. Die Flammen verzehrten 4 Häu­ser, 1 Häuschen und 8 Scheunen.

 

Gerichtspersonen im Jahre 1848, gewählt durch ämtliches Dekret:

Marktrichter Johann Stummer   1/4 Lähner Nr.67

Bürgermeister Simon Heinisch 1/4 Lähner Nr.69

Bürgermeister Laurenz Demel                        Nr.2

Altgeschworener Johann Schmidt 1/4 Lähner Nr.3

Altgeschworener Johann Christ  1/2 Lähner Nr.7

Junggeschworener Mathias Engel 1/2 Lähner Nr.9

Junggeschworener Laurenz Schletz 1/2 Lähner Nr.79

Polizeimann Martin Stefan                           Nr.86

Polizeimann Philipp Siegmeth                    Nr.15

 

Das Jahr 1848 brachte den großen Umsturz. Nachdem am 13.3. die Revolution ausgebrochen war, sah sich Kaiser Fer­dinand 1. genötigt, eine Nationalgarde zu schaffen und Pressefreiheit zu gewähren. Staatskanzler Metternich wurde entlassen. Durch verschiedene Schriften wurde das Volk auf­gewiegelt. Die Irritzer horchten damals auf das Blatt „Der Freimutige“ und „Bauernzeitung“.

Am Ostersonntag veranstalteten die Irritzer eine Jagd, ob­wohl der Pachtvertrag mit der Kromauer Obrigkeit noch nicht aufgehoben und auch ein neues Jagdgesetz noch nicht er­schienen war, welche am Ostermontag fortgesetzt wurde und zu der man sogar die Kinder mitnahm.

Am 1. Juli hob der mähr. Landtag Robot und Zehent auf. Der Abgeordnete Hans Kudlich stellte den Antrag auf Aufhebung des Untertanen-Verhältnisses und aller bäuerlichen Lasten. Wie fast überall, so auch hier im Markt Irritz, jubelten die Zehentpflichtigen über die gewaltsame Aufhebung des Ze­hents. Bevor noch genaueres darüber bekannt war, wurde in einer Sitzung beschlossen, dem Pfarrer eine Zahlung von 450.-fe Con.M. als Abfindung zu geben.

Einigen Einwohnern war sogar das zuviel, obwohl vorher der 4-fache Betrag gezahlt werden mußte. Des Pfarrers Schnitter wollte man von den Feldern treiben (Wie groß das Miß­trauen gegen die Geistlichkeit war, zeigt am besten, daß zu. der von den mähr. Ständen bewilligten Sammlung für die italienische Armee unter Radetzky nur deshalb eine Person zeichnete, weil der Brünner Bischof unterschrieben unter den Aufruf: ,,Alles pfarrliche - auch Grundstücke - gehören jetzt unser, werden wir uns teilen'.).

Das über eine darüber abgehaltene Versammlung abgefaßte Protokoll lautet wörtlich: ,,Hochwürdiger Herr Pfarrer! Nach einer am heutigen Tage abgehaltenen Gemeindever­sammlung auf Grund der bei Euer Hochwürden wegen Ab­findung des Zehents, der die jährigen Fechsung, hierwegen die Anfrage stellend, abgeordnet gewesenen Gemeindeöngu­tierten Erfolg, die Stimme billigen Ablösungsantrages nach­stehend getroffen worden, nämlich:

Es macht die ganze Nachbarschaft für die Überlassung und Benutzung des 1/848 Zehents den Antrag eines billigen Er­satzes, wie er nach dem Gerüchte auf der Herrschaft Dürn­holz bestehen soll, als von Joch in der 

I.Kl. -                    1Fe l2kr

der II.Kl.-             1Fe-kr

 derIII.Kl. -            -Fe 50kr

durchschnittlich die runde Summe von 540 Fe C.M. sage fünf­hundert-Vierzig Fe K.M. in barem Gelde.

Es wird unter einem die Bitte gestellt, solches zur gefälligen Kenntnis zu nehmen und diesen Antrag als angemessen, bil­lig anzunehmen und uns hievon bescheidlich zu verständigen. Schließlich nehmen wir sich vor, falls durch allerhöchste Ent­schließung - hierowegen Versuchung - während noch nicht abgefechselt ist, getroffen wird, daß dieser gegenwartige An­trag und so auch diese Abgabe erlöscht.

Marktgemeinde Irritz, den 7.ten Mai 1848 Johann Stummer, Marktrichter

Simon Heinisch, Bürgermeister Johann Christ

        Johann Schmidt               Geschworene

Laurenz Schletz

Paul Hawle, Philipp Siegmeth, Albert Vieh, Franz Demmel, Mathias Schletz, Franz Gall, Johann Siegmeth, Paul Hawle, Franz Czech, Florian Dümsteiner, Philipp Kellner, Philipp Siegmeth, Johann Schwanzer, Josef Bremer, Mathias Halb-recht, Mathias Sofka, Wenzel Sofka.

Im Namen der ganzen Gemeinde.'

Im Jahre 1866 zeigten im Frühjahr die Saaten ein prächtiges Aussehen und berechtigten zu den weitgehendsten Hoffnun­gen. Dieselben wurden aber durch den Frost vom 23. auf den 24.5. gänzlich vernichtet. Was der Frost an Weizen verschont, verzehrte später der Mehltau. Das Korn erfror in der Blüte total, so daß kein einziges Haus hierorts an Korn und Weizen hinlänglich hatte zum Anbau und Hausbedarf. Von einem Verkauf war keine Rede.

Zu diesem Übel kam noch die preußische Invasion. Am 15.7. 1866 nachmittags um 1/2 2 Uhr kam die erste Einquartierung, bestehend aus dem 6. Brandenburger Kürassier-Regiment, hier an. Prinz Albert (Albrecht), der jüngste Bruder des preu­ßischen Königs, war im hiesigen Meierhofe.

Am 16.7. rückten die Kürassiere ab, und zwar über Falken­stein gegen Wien. Vom 19. bis 21.7. war hier wieder Kaval­lerie, welche gegen Nikolsburg abzog.

Am 24.8. ahends kam eine Infanterie-Brigade.

Am 25.8. traf ein ganzes preußisches Garde-Infanterie-Regi­ment hier ein und hielten Rasttag.

Am 27.8. früh traf General von Schwarzhof mit Suite hier ein und hielten Rast. Bei dieser Kolonne trat zuerst die Cho­lera hier auf und in der ersten Nacht starben 4 Mann, welche am 28. d. M. am Irritzer Friedhof begraben wurden. Am 29.8. rückten sie ab. An diesem Tage rückte eine Infanterie-Brigade unter General von Schmidt und eine Infanterie-Bat­terie hier ein.

Am 30.8. Weitermarsch. An diesem Tage kam ein Munitions­ Train hier an, der führende Premier-Leutnant von Brünning, wurde mit 3 Mann cholerakrank, erholte sich aber nach 14-tagiger Krankheit und blieb bis 6. September.

War die feindiiche Invasion beim humansten Betragen der feindlichen Soldaten in diesem schlechten Erntejahr für die hiesige Bev;lkerung eine große Last, so kam mit dem Feinde eine andere Geisel hier an, und das war die Cholera. Im Ver­lauf von 4 Wochen sind laut Sterbematrik 99 Personen dieser Geisel Gottes zum Opfer gefallen nebst 16 preußischen Sol­daten.

Im Jahre 1867 hat Gott, nachdem er die hiesige Gemeinde durch mehr als 10 jährige Unfruchtbarkeit heimgesucht hatte, das ganze Füllhorn seines Segens über die Felder und Fluren ausgegossen. Es wuchs in diesem Jahre eine solche Menge Korn, Weizen, Hafer, daß sich kein Mensch eines solchen Gottessegens viele Jahre hindurch zu erinnern weiß.

In Irritz soll mit 1.9.1869 ein Postamt in Wirksamkeit tre­ten, sich mit dem Brief- und Fahrpost-Dienste befassen und die Verbindung durch täglich einmalige Botengänge zum Post­amt in Mißlitz erhalten (Erlaß der k.k.m.sch. Postdirektion in Brünn vom 20.8.1869, Zl.7.846). Den Bestellbezirk dieses Postamtes haben zu bilden: Damitz, Dornfeld, Irritz und Tullnitz.

1882, in dieses Jahr fällt die Gründung der Feuerwehr.

Am 15. 12.1907 wurde an Baumeister Dockal in Mißlitz der Bau der 3-klassigen Schule in Irritz um 40.000 k übergeben. Am 5.9.1908 nachmittags fand die kommissionelle Über­nahme der neuen Schule statt. Am 13.9.1908 wird die Schule eingeweiht und nach einer Ansprache des Oberlehrers Max Schenk dem öffentlichen Gebrauch übergeben. Am 20.10. er­folgt die Mitteilung, daß die Schule über Auftrag des Mini­steriums für Kultus und Unterricht die Aufschrift führen soll:

„Kaiser Franz Josef 1. Jubiläums-Volksschule 1848 - 1908.“ Am 15.10. wurde mit dem Unterricht endgültig in der neuen Schule begonnen.

Schule 1912
Schule ca. 1912

Im Jahre 1910 beginnt der Bau der Straße nach Dornfeld.

Rußlands Herrschsucht, Frankreichs Revanchegelüste und Englands Krämergeist ließen es zu, daß Serbien, welches durch Jahre bereits hindurch Osterreichs Langmut versucht, zum Außersten schritt, und den Thronfolger Österreichs samt Ge­mahlin ermordete. Da die geforderte Genugtuung nicht ge­geben wurde, trat der Kriegszustand zwischen Österreich und Serbien ein.

26.7.1914. Obige 3 Reiche sollten Serbien nicht im Stich las­sen und erklärten Österreich den Krieg. Deutschland stand treu auf Seite Österreichs.

Gerade an unserer Kirtagspatronin, als gerade die hiesige Jungmannschaft das Tanzbein schwang, kam die Nachricht von der erfolgten Kriegserklärung an Serbien an und zugleich überbrachte die Gendarmene die ersten telegraphischen Ein­berufungen. Sang und Klang verstummte und mit dem näch­sten Tag, ja in den nächsten Stunden mußten die ersten fort zum Kampf für das Vaterland. In kurzer Zeit waren 76 Ir­ritzer Männer und Burschen eingerückt und heller Jubel und große Begeisterung sprach aus aller Züge, obwohl Kriegs­erklärung auf Kriegserklärung folgte. Die Flammen der Be­geisterung wurden durch die unaufhörlich eintreffenden Sie­gesnachrichten genährt, aber bald kamen auch die ersten Sani­tätszüge, die ersten Meldungen über Verluste am russischen Kriegsschauplatz.

 

LAGEPLAN

von der Marktgemeinde

IRRITZ in Mähren.

Steuerbezirk: Mähr.-Kromau

Nach dem Bestand vom Jahre 1902, vermessen im Jahre 1824. Östlich der Bahnstrecke Grusbach-Mähr. Kromau sieht man den stattlichen Kirchturm unserer Marktgemeinde Irritz im Sonnenschein blinken. Unsere Heimatgemeinde Irritz tritt hervor.

Unser Heimatgebiet wird begrenzt von Treskowitz (3,5 km) im Osten, Leipertitz (4 km) im Süden, Damitz (1,4 km) im Westen und Dornfeld (3 km) und Socherl (3 km) im Norden. Die geologischen Verhältnisse weisen auf: quartärzeitlichen Löß, Lehm und Schotter. Anläßlich einer Brunnenbohrung wurden bis zu einer Tiefe von 12 m nachgenannte Bodenarten sichergestellt.

I.          bis –0,50 m          Gartenerde

II.         0,50-70m              Lehm

III.         1,70-2,50 m          Weiße Letten, hie und da Kiesschotter

IV.       2,50-2,70 m          Letten mit spärlichem Gips

V.        2,70- 3,10 m         Letten mit reichlichem Gips

VI.       3,10- 4,50 m         Härtere Letten

VII.       4,50- 4,70 m         Tonschiefer, toniger Sandstein

VIII.      4,70-8,10 m          Ton mit Gipskristallen

IX.        8,10-8,25 m          Weißer Sand mit glimmerartigen Gipsblättchen

X.        8,25- 8,60 m         Tonschiefer mit Glimmer (Fischabdr.)

XI.        8,60- 9,20 m         Weißgelber Sand, wasserführende Schichten

XII.       9,20-12,00 m       Blauer Sand

 

 

Ein gesegnetes Stückchen Erde, unser Heimatgebiet: Goldig wogen die Kornähren im Sonnenglanze, daneben beginnen die Haferrippen zu bleichen und längswärts laufen die Furchen mit dunklen Kartoffelstauden. Ausgedehnte Weizenfelder strecken die gelben Halme dieser edlen Mehlfrucht lang em­por, voller glänzender Ahren. Aus dem dunklen Kleegrün das Rot der Köpfchen blinkt. Wieder ein Streifen Roggenlicht, eine Quanten Grüngelb der borstigen Grannengerste, eine Ackerbreite Wicke, schmale Streifen weiß und rosablühenden Mohns und nochmals breite Flächen von Rüben und Kartof­feln und dazwischen rasige Raine. Unser Blick streift liebe­voll über unser Heimatland; hoch in der Luft jubelt die Lerche. „Es ist ein Bauemland, geschaffen durch fester Fäuste nimmermüde Arbeit, gedüngt durch vielen Bauernschweiß! Der geringe Weinbau beschränkt sich auf die Weingärten auf der Wohlhäupter Berglies. Die übrige Pflanzenwelt unseres Gebietes kann weder durch Farbenpracht und Reichhaltigkeit, noch durch besondere Seltenheit der Arten unser Interesse in Anspruch nehmen, fehlt uns doch ein größeres fließendes Gewässer. Der Wostitzer Bach ist unser ganzer Stolz und des­sen Wassermenge, besonders in der wärmeren Jahreszeit, eine recht bescheidene.

Der schöne grüne Wald fehlt uns fast ganz. Kaum 15 a, nur wenige Fichten, Tannen und Linden, Ahombäume, Pappeln und Weiden längs der Gräben schmücken' die nächste Umgebung, doch wird nun jährlich für Neuanpflanzung wenig­stens etwas getan. Mit Obstbäumen sind wir - außer in den Weingärten - auch nicht besonders zahlreich ausgestattet und es sollte doch gerade von dem Erträgnis dieser ein Großteil der Abgaben des Landwirts gedeckt werden können. Doch was nicht ist, kann werden.

Unsere ,,Roßweid' gibt beredtes Zeugnis, daß bereits seit langem bei uns auf die Zucht eines tüchtigen Plerdeschlages viel gehalten wurde. Seit dem Umsturz haben wir eine Be­schälstation im Ort, welche auch ihr übriges zur Hebung der Pferdezucht beiträgt. Die Zucht des Rindes steht in voller Blüte und es sind derzeit Wirtschaftshöfe mit 10 und mehr Stück Rindvieh in den Stallungen keine Seltenheit. Leider hat der Krieg durch öftere Lieferungen, sowie verheerende Seuchen (Knochenweiche, Maul- und Klauenseuche) den Stand gelichtet. Die Schafzucht, die auch früher hier gepflegt wurde, und so manchen Ballen Wolle der Brünner und Iglauer Tuchindustrie lieferte, hat völlig aufgehört, seit Australien, Südamerika und Argentinien so viel Wolle auf den Markt brachten, daß die Wollpreise derart sanken, daß die Zucht des Schafes sich nicht lohnte. Heute sind keine mehr zu sehen, da­für umso mehr grunzendes Borstenvieh. Die Schweinezucht hat sich beträchtlich gesteigert. Die starke Zunahme der Zie­genhaltung ist bloß eine Kriegserscheinung, welche die Ziege zur „Kuh des kleinen Mannes“ gemacht hat. Hausgeflügel gibt es recht zahlreich und verschiedener Art. Auch die Bienenzucht erfreut sich seit einigen Jahren besonderer Aufmerksam­keit und verspricht bei etwas geänderten - verbesserten -Trachtverhältnissen günstigere Erfolge.

Irritz, ein Marktfleck, 18 km von der Bezirksstadt Mäh­risch Kromau entfernt, zählt derzeit (1924) 162 Hausnum­mern und 720 Einwohner. Das Gebiet hat ein Flächenausmaß von 854 ha 10 a 67 qm, davon beträgt das Gemeindegebiet 733 ha 10 a 67 qm. Das Gebiet der Propstei Nikolsburg aber 121 ha. Das Gebiet von Irritz ist beinahe eine waagrechte Ebene. Nur von Norden her streicht eine unbedeutende Anhöhe herab gegen unser Ortsgebiet, um sich im Süden desselben gleichfalls etwas zu erheben. Von dem Kreuzungspunkt der Bezirksstraße Mißlitz-Treskowitz gegen Pohrlitz zu, wo eine gefäl­lige Heldengedenksäule steht, gewährt der Markt mit seinem großen Platz einen freundlichen Anblick. Derselbe liegt mit seinem ganzen Gebiet in einer fast baumlosen Ebene. Der Wostitzer Bach mit seinen mit Pappeln und Weiden umsäum­ten Ufern, umspielt denselben.

Unsere Obstgärten müssen uns den Wald ersetzen. Die Seehöhe beträgt 201 m. Der größte Teil der fruchtbaren Bodenfläche dient dem Ackerbau, 779 ha.

 

BEMERKENSWERTE GEBÄUDE UND ÖFFENTLICHE ANSTALTEN

1. Der Meierhof-Pfründenbesitz der Propstei Nikolsburg, seit 1634 vom Kardinal Franz von Dietrichstein damit aus­gestattet.

2. Das Schlößchen, dieses hat der Nikolsburger Kanonikus Cechotti 1750 - 1760 erbauen lassen.

3. Die neue im Basilikastil in Kreuzform in den Jahren 1901 bis 1903 erbaute römisch-katholische Kirche.

4. Die Pfarre aus dem 17. Jahrhundert, ein einstöckiges Ge­bäude mit Wirtschaftsgebäuden und 2 Gärten.

5. Die Schule, erbaut im Jahre 1908.

6. Das Rathaus, 1879 restauriert und an derselben Stelle er­baut, wo der ehemalige Edelhof stand, den Propst Otesslav von Kopenitz im Jahre 1638 der Gemeinde schenkte.

7. Das Spital.

8. Das Armenhaus zur Unterstützung der Hausarmen.

 

Die Bevölkerung gehört einem Menschenschlag von mittlerer Größe an, in der Farbe der Haare herrscht das Blond vor, Gesichtszüge und Nasenbildung sind normal. Von Gestalt kräftig, bei dem und jenem etwas derb und knorrig, die Augen blicken gerade und redlich. Das Gemüt wohl ernst, verschlos­sen, sehr mißtrauisch und etwas eigennützig mit warmem, heiteren Grundton. Sie sind alle, bis auf zwei, deutscher Mut­tersprache und auch stolz darauf.

Der Religion nach gehören 700 der römisch-katholischen Kir­che an, außerdem zählt unsere Gemeinde 18 Israeliten (10 männlichen und 8 weiblichen Geschlechts) und 2 Religions­lose. Vor dem 30 jährigen Krieg bekannte sich ein großer Teil der Bevölkerung zur Lehre Luthers, doch darin schuf die nach der Schlacht am Weißen Berge eingetretene Gegenreformation vollständigen Wandel.

 

 

BLICK IN DES BAUERN HÄUSLICHKEIT

 

Nun wollen wir einen Blick in des Bauern Häuslicj´hkeit und das bäuerliche Leben tun.Die Häuser mit der Giebelseite nach dem Platze hin, sie sind nicht mehr. Die neuen Bauernhäuser sind mit ihrer Längsfront der Gasse zugekehrt und haben den Eingang in der Mitte.

Die innere Einrichtung der alten Bauernhäuser war einfach. Das wichtigste Stubengerät war der schwere eichene Tisch, welcher der Türe gegenüber in der Ecke stand. Beide Wände entlang lief die Sitzbank, an den der Stube zugekehrten Tischenden waren mehrere massive Stühle aufgestellt. Zur Aufbewahrung von Wäsche und Kleidern dienten Truhen und Schränke, später wohl gar Schubladkasten.

Kleidungsstücke, die in den Werktagen gebraucht wurden, hängte man an den Kleiderrechen in der Kammer. An der Türwand stand in der Ecke der große Kachelofen, daran die im Winter so beliebte Ofenbank. In der anderen Ecke sah man ein breites Bett und darauf hoch aufgetürmt bunt über­zogene Polster und Tuchenten. Von Zeit zu Zeit steht neben dem Bett auch der Kinderwagen.

Im Winkel oberhalb des Tisches hing das Kreuz, hinter dem Palmenzweige und trockene Fronleichnamsblumen steckten. Links und rechts davon hingen, nahe aneinandergerückt, in einfachen Holzrahmen bunte Heiligenbilder, häufig recht kunstlos auf Glas gemalt. Selten fehlte an der Wand ein kleiner Spiegel, den der Bauer beim Bartkratzen, das Weibs­volk aber beim Haarmachen und Putzen und Anlegen brauchte. Auf einem eigens dazu bestimmten Rahmengestell, dem ,,Stell'n', wurde das bessere Geschirr, Zinnteller, bemalte Schüsseln usw. aufgehoben. Die offenen Kamine sind aus den Küchen bereits verschwunden. Heutzutage sind die Bauernstuben dem Geschmack der neuen Zeit entsprechend einge­richtet. Es gibt Aufsatzbetten, Nachtkasten, Waschtische mit Marmorplatten, moderne Schränke, Rohrstühle, Olfarben­druckgemälde mit Goldrahmen, Spitzenvorhänge, alles nach der neuesten Mode. Die frühere Einfachheit und Genügsam­keit ist seit dem Weltkrieg im Schwinden begriffen.

Ebenso verhält es sich mit den Trachten der Landleute. In der Stadt richtete man sich jederzeit nach der eben herrschenden Mode, während die Landleute der Überlieferung mehr treu blieben. Die bäuerliche Tracht bestand bei den Männern aus einem langen dunklen Rock oder einer kurzen Jacke, Weste mit vielen Silber- oder Metallknöpfen, Kniehosen, weißen oder blauen Strümpfen, Schnallschuhen und schwarzem Filz­hut, und zwar entschieden hübscher als die jetzt herrschende Machart. Selbstverständlich war auch die bauschige Frauentracht mit ihren Faltenröcken, dem Miederleibchen, den bau­schigen Ärmeln, der Halskrause, dem kunstvoll gebundenen Kopftuch und der schimmernden Schürze gefälliger als die in letzter Zeit überhandnehmende, oft recht geschmacklose und ungeschickte Nachahmung der städtischen Mode. Es ist sehr fraglich, ob diese Modesucht dem Stande zum Vorteil gereicht. Gleich wie in ganz Südmähren wird auch bei uns die bayrisch­österreichische Mundart gesprochen. Ihr ist häufig ein eigen­tümlich singender Tonfall eigen, der jedoch nur dem fremden Ohr auffällt. Er macht sich überall in gleicher Weise bemerk­bar. Der Dialekt ist breit und behäbig. Das getrübte a (ein Mittelding zwischen a, u und o) ist sehr gebräuchlich. Gral, fahr'n, das e wird oft in a verwandelt: Lahm, Schar, laar, ebenso geschieht es bei ä: saan, mah'n, Madl, ebenso das ei: Mas'n, Had-hasri, ferner bei au und äu: Bam, Sam, trama­rama. Eigentümlich die nicht gebräuchlichen Zwielaute:

greane (grüne), Knia (Knie), Ruah (Ruh).

Eine Verwandlung der Endungen der Zeitwörter: en in a ist allgemein: kocha, rechna, suicha, Bruida, Tochta, Rauba, va­brena. Das T wird durch D ersetzt: Voda, Bruida, Buda, schnadern, Fuada (Futter), weida (weiter).

Einer Ortssage sei hier Erwähnung getan:

In dem Hause Nr.87 wohnte vor vielen Jahren ein armer Mann namens Czech. Als Arbeiter kam er in den Ort und mietete sich das Haus. Es dauerte nicht lange, so war es ihm möglich, nicht nur das Haus, sondern auch Felder anzukaufen. Er wurde sehr reich. Da sich die Leute den schnellen Auf­schwung des ehemaligen Arbeiters nicht erklären konnten, er­zählten sie, daß ein Drache, der beim Rauchfang immer hineinflog, ihm den Reichtum brachte.

Um das Volksleben, wie es war und ist, genauer kennen zu lernen, will ich die Gebräuche und Sitten unserer Gemeinde-Angehörigen, wie sie sich im Laufe des Jahres abspielten, festzuhalten versuchen.

Wie anderwärts geht auch hier die Jugend am Neujahrstage glückwünschen. Die Eltern, der Ahnl und die Ahnl, der Göd und die Godl und die sonstigen Glieder der oft weitverzweig­ten „Freundschaft“ werden mit kürzeren oder längeren Sprü­chen bedacht und dürfen nicht vergessen, daß der richtige Reim lautet:

„I' wünsch, i' wünsch, i' wünsch enk was,

Greift's in Sack und gebts ma was.“

Das Hausgesinde stellt sich auch mit einem Wunsche ein:

„I' wünsch a Neuch's Jahr, a recht langs Leb'n

Und a an Beudl voll Geld daneb'n,

An rund'n Tisch, auf an jedn Eck an brotna Fisch,

Mitt'n drin a Kanna Wein

Kann der Herr und die Frau schön lustig sein.

I' wünsch in Herrn a samtne Hos'n,

daß 3.000 Dukaten drin losen.

I' wünsch da Frau an seidern Rock,

daß er steht wia a Naglstock.“

 

Am Vorabend des Dreikönigstages geht der Hausvater durch alle Räume des Hauses, besprengt sie mit Weihwasser, räu­chert mit Weihrauch und schreibt K-M-B- und dazu die Jahreszahl an alle Türen. Das ist das erprobteste Mittel gegen das Eindringen der Hexen.

Zu Dreikönig stehen die Dienstboten ein, d.h. sie treten ihre neue Dienststelle an. Da nimmt sich die Hausfrau „zusam­men“ und stellt was Guats auf den Mittagstisch, um bei den neuen Hausgenossen einen guten Eindruck hervorzurufen.

Das Dreikönigsingen ist bereits ganz abkommen und dadurch den armen Kindern eine Einnahmequelle entgangen.

Zu Maria Lichtmeß findet die Kerzenweihe statt. Sie sind sehr geschätzt. Gehts ans Sterben, so wird die Lichtmeßkerze angezündet und wird dem Sterbenden in die Hand gegeben. Das ist das „Licht einhalten“. Bei drohendem Gewitter wird sie wieder angezündet, auf den Tisch gestellt und alle Hausleute beten, um den Tisch knieend, um Abwendung der Gefahr.

Am 3. Feber wird in der Kirche der Blasius-Segen gegeben. Zwei kreuzweise gebundene Kerzen an den Hals gehalten, die Segensworte dazu und man ist für das ganze Jahr vor Hals­weh gefeit oder auch nicht.

Die Faschingszeit ist voller Lust, Freude und Übermut. Da läßt sich's jeder, der nur kann, gut gehen. Da kommen Wirte und Musikanten auf ihre Rechnung. Die köstlichsten Gaben des Faschings sind den bäuerlichen Feinschmeckern a G'sölchts und Krapfa. Am Faschingssonntag und den zwei darauffol­genden Narrentagen kennt die Gaudi keine Grenzen. Da läuft der gefleckelte Hanswurst possenreißend durch das Dorf, seine Peitsche knallt hinter den Buben her, die nicht müde werden, ihm zuzuschreien: „Hanswurst, Gruppenwurst, gib ma a Stückl Leberwurst“. Oder der Jud (ein Junge in zottigem Pelz oder umgestülptem Gewand) oder das Weib (ein Junge in Weiberkitteln) und anderer Mummenschanz.

Am Nachmit­tag des Faschingsdienstags kann Fiedel und Brummbaß nicht genug aufspielen, um der übermütigen Laune zu genügen. Auch im Tanze steckt heute der Schalk. Der Polstertanz: Ein Tänzer, der mit einem Polster ausgerüstet, wird von den an­dern im Kreise umringt. Nun wirft er einem Mädchen den Polster zu, die sich darauf knieen muß und den nun folgen­den Walzer mit einem Kuß verkaufen muß. Plötzlich bricht die Musik ab und mit dem Polster verjagt sie den Tänzer aus dem Kreise. So geht es fort, bis nur mehr einer übrig bleibt -der ist wohl dann der Faschingsnarr. Noch übermütiger wird die Laune beim Besentanz: Es treten die Paare an, ein Tänzer ist rnehr und dieser Tänzer erhält einen Besen. Während des Zwischenspiels, das immer nach einigen Walzertakten folgt, muß der Tänzer seine Tänzerin wechseln, natürlich bleibt im­mer ein Tänzer übrig, der nun zur allgemeinen Belustigung den Besen um die Taille fassen kann.

Am Faschingsdienstag ziehen die Burschen, welche die Musik aufgenommen haben, im Dorfe herum, Späße treibend und von Haus zu Haus Ga­ben sammelnd, für die sich die Veranstalter am Aschermitt­woch einen guten Tag machen.

Am Aschermittwoch wird über allen Unsinn und Übermut ein großes Kreuz gemacht. Die Weibertracht ist nun schwarz. Alles läßt sich einäschern, die stille Zeit beginnt. Gebete sam­meln des Abends die Familienmitglieder um den großen Bauerntisch.

Die ersten Lerchen haben sich eingefunden, der Märzwind trocknet den nassen Erdboden, die Sonne wird kräftiger, da ist's Zeit, sich auf die Feldarbeit vorzubereiten: Dünger füh­ren, Wasserschäden ausbessern, Geräte und Saatgut vorbe­reiten. Die Goldene Zeit des G'sölchten ist so ziemlich vorbei und es bietet sich Gelegenheit, hei Kartoffeln und Fisolen Ge­nügsamkeit zu üben. Der Winter ist tot, das Osterfest naht -es kommt.

Am Palmsonntag werden in der Kirche die Palmkatzeln geweiht. Diese nehmen im Volksglauben eine wichtige Rolle ein. Sie schützen ja Haus und Hof vor Blitz und Wetterschlag. „Wer drei geweihte Katzeln bei nüchternem Magen schluckt, bekommt kein Halsweh.“ In die Herdflamme geworfen, ver­treiben sie das Gewitter. In das Saatfeld gesteckt, wenden sie Unheil ab und bringen Segen. Man steckt sie hinter das Kreuz im Herrgottswinkel, damit sie allen bösen Mächten den Zutritt zum Haus verwehren. Wer einen verborgenen Schatz weiß, möge diesen zu heben versuchen, während der Priester die Leidensgeschichte in der Kirche liest.

Die Großmutter bestreicht den Kindern am Gründonnerstag die Hände mit Honig, auf daß sie nichts Giftiges sticht.

Als heiligster Tag der Karwoche gilt der Karfreitag. Das Fasten wird streng gehalten. In vielen Häusern wird nicht gekocht und der ganze Tag dem Kirchenbesuch gewidmet. Wer sich vor Sonnenaufgang mit Bachwasser wäscht, bekommt keine Sommersprossen und kein kaltes Fieber. An diesem Tag soll man nichts borgen, verschenken oder verkaufen. An die­sem Tag zog der Bauer keine Furche, um die Grabesruhe des Herrn nicht zu stören. Der Großvater schreitet selbst, weil ja die Jugend an nichts mehr glaube, am Karfreitag zu mitter­nächtlicher Stunde dreimal um das Gehöft und schlägt auf die Schwelle des Stadeltores, Stalles und Bodens. Das verscheucht Ratten und Mäuse.

Die alte Mumme heißt am Karsamstag die junge Dirn schnell beim Glorialäuten die Stube zu fegen und den Kehricht über den Gartenzaun werfen, so wird das lästige Ungeziefer ver­trieben.

Da von Gründonnerstag bis Karsamstag die Glocken in Rom sind, gehen die Knaben des Ortes früh, mittags und abends ratschen und rufen:

„Wir ratschen, wir ratschen den englischen Gruß, den jeder katholische Christ beten muß.

Fallt nieder, fallt nieder auf eure Knie und betet andächtig Ave Mane.“

oder “Wir ratschen, wir ratschen das erste Mal« oder „Wir ratschen, wir ratschen zomm“

oder „Wir ratschen, wir ratschen zur Pumpermetten, Weiber steht's auf und backts Osterflecken.“

Für ihr Mühewalten werden die Ratscher mit roten Eiern und Geld belohnt.

Die Bräuche sind immer mehr im Verschwinden begriffen, doch die Ostereier färbt man noch immer. Die Tage vor dem Ostersonntag haben alle Mädchen vollauf damit zu tun; da wird gefärbt, gewichselt, gerupft, Herzchen und Blumen dar­auf gemacht, Verse und sinnige Sprüche darauf. gekritzelt, z. B. „Lebe glücklich, lebe froh, wie die Maus im Haberstroh“, oder „So süß sei dein Leben, wie Zucker und Zibeben“, oder

„Nimm das Ei und denk dabei, daß es von deiner Liebsten sei“

Am Ostersonntag gehen die Buben und Mädchen zur ganzen Freundschaft um rote Eier. Immer 2 oder 3 gute Freunde ge­hen zusammen von einem Haus zum andern, klopfen an die Türen und schreien: „Bitt' schön Basel schenkts ma a rot's A, wanns a a weiß wa“, oder „Bitt' schön Basel gebt's ma a rot 5 A, wanns ka rots habts, gebts ma weiße, daß enk de Flöh net beißen“.

Am Abend und wohl auch spät in der Nacht gehen zuerst die jüngeren und dann später die älteren Burschen zu ihren Mä­deln schmeckostern. Es schlägt wohl 12 - die Geisterstunde beginnt. In ihrem Stübchen steht verschlafen, aber doch wa­chend Resi, die schöne Bauerndirn in banger Erwartung. Kommt er, oder kommt er nit, um sein rotes Ei zu holen? Das für ihn bestimmte Ei trägt ein besonderes Liebessprüchlein und der entzückenden Osterhäsin viel Kopfzerbrechen. Da pochts ans Fenster, zuerst ganz sacht, dann etwas stärker, da klirrts. Der Fensterflügel öffnet sich und im Dunkeln sieht man die Umrisse einer Mädchenhand, sie reicht etwas hinaus, das der Bursch in die Tasche steckt. Pfütt Gott“. Das Fenster schließt sich und der Bursch stampft davon. An der Straßen­ecke wird ein Zündholz angerissen.

„Mei Herz is treu, s'is a Schlüssel dabei,

und den Schlüssel dazua hat nur a anziga Bua“.

Der Bua geht ham, er weiß schon, wer der anzige Bua ist.

Und drinnen im Stübel da träumt ein sauberes Dirndl von unschuldig süßer erster Lieb. -Am zweiten Osterfeiertag, dem Osternontag, wird fleißig nach Emaus gangen, denn do hobn dö Mannsleut ihren Tog. In schöner Frühlings- und Sommerzeit tummelt sich die Ju­gend auf der Wiese, am Dorfplatze und in den stillen Gassen des Ortes und spielt: Steindln, Lecker, Fasolln und Spatsch­ker. Die Buben: Fangen, Räuber und Gendarmen und ver­schiedene andere Ballspiele.

Die kleinen Mädchen drehen sich im lustigen Ringelereihen und weithin sind die vielen Auszählreime zu hören.

Am 1. Mai steht in jedem Dorf ein Maibaum. Sein weißer Stamm leuchtet über die Häuser und oben im Wipfel glitzert Strauß und Maschenwerk. Auch pflanzen die Burschen in der­selben Nacht zur stolzen Freude derer, denen sie zugedacht, kleine Bäume. Weniger erfreulich sind mitunter die Maisteige mit Kalkmilch oder Federn, die zwei weit entfernte Häuser miteinander verbinden, in denen Paare wohnen, die zusammengehen.

Ein großer Festtag in Jrritz ist die große Frühjahrswallfahrt nach Lechwitz, bei Znaim, zur Erinnerung an den großen Brand im Jahre 1831, welcher unsere Kirche verschonte.

Nun folgt das prunkvollste Fest des Kirchenjahres, das Fron­leichnamsfest. Im Freien werden unter Verwendung von sehr vielen Bildern, Blumenstöcken, Birkenbäumchen, Altäre ge­baut. Die Prozession, an der alles mittut, wird in üblicher Weise abgehalten. Die Altäre werden stets von den Besitzern der Häuser Nr.81, 89, 10 und 19 gestellt. Die Beteiligung ist eine allgemeine. Nach der Prozession beeilen sich die Leute, etwas von dem Baumgrün, das die Altäre umgibt, zu er­haschen, denn das sind vielgepriesene Schutzmitel gegen He­xen, Brandgefahr und Feldschaden.

Die sommerliche Sonnenwende naht heran. Der altdeutsche Brauch, um diese Zeit Höhenfeuer anzuzünden, wird infolge der veränderten staatlichen Verhältnisse immer spärlicher.

Der Sommer ist da. Die Getreidefelder färben sich lichter, sie harren der Sense. Nun geht die Arbeit des Landwirtes erst recht an und rinnt in ununterbrochenem Fluß fort und er hat keine Muße, an Kurzweil und Zeitvertreib zu denken.

Wenn die Ernte aber glücklich unter Dach und Fach gebracht wurde, wenn der Bauer Ursache hat, mit dem Ertrag seiner Wirtschaft zufrieden zu sein, dann läßt er sich's im Herbst, am Kirchtage, gut gehen. „Leb'n toa ma ah!“.

Der Herbst schreitet vor. Die Herbstsaaten sind unter­gebracht. Kartoffeln und Rüben eingeheimst, der Laubfall beginnt, da kommt das Fest Allerheiligen - Allerseelen her­an. Das ist so die rechte Zeit, sich mit dem geheimnisvollen Jenseits zu befassen. Das Volk glaubt an vielfache Beziehun­gen zwischen den Lebenden und Toten. Der Sterbende oder Verstorbene meldet sich bei Freunden und Verwandten: Die Uhr bleibt stehen, das Bild fällt von der Wand, es klopft an Tür und Fenster. Wenn der Tote zu Grabe getragen wird und es kommt dem Zug eine männliche oder weibliche Person ent­gegen, so stirbt dernnächst eine männliche oder weibliche Per­son. Die Seele des Verstorbenen muß solange am Friedhoftor wachen, bis sie von der nächsten abgelöst wird. Man soll nie­mals die Türe heftig zuschlagen, da sonst eine arme Seele eingezwickt wird. Auch soll niemals ein Messer mit der Schneide nach oben liegen gelassen werden, da in der Nacht die arme Seele darübergehen muß.

Unsere Vorfahren scheinen besonders strebsame und fleißige Leute gewesen zu sein, die sich erst nach völlig getaner Arbeit der Freude und dem Vergnügen hingaben. Deshalb setzten sie den Kirtag erst am Sonntag nach Allerheiligen an. Doch un­sere Jugend kommt trotzdem auf ihre Rechnung, denn das Letzte ist das Beste.

Am Donnerstag vor dem Kirchtagsonntag ist „Kirta“ im Stadl, da kauften die Bauern unseres Dorfes eine Kuh alle­samt, schlachteten sie und teilten das Fleisch in einer Scheune. Am Freitag ist „Kirta“ in Haus und Hof. Da wird gefegt, ge­säubert, gewaschen und gereinigt.

Am Samstag ist „Kirta“ in der Küche. Zeitlich in der Frühe geht das Backen und Braten an. Da riecht es im Haus nach Mohn, Weinberln, Gewürzen und Zwork, daß einem das Herz im Leibe lacht in Anbetracht dessen, was der morgige Tag Gutes bringen wird.

Am Sonntag ist ,,Kirwa" in der Stubn. Das Mittagessen ist sehr reichlich, gleichsam als Ersatz für manchen Tag, wo nur Erdäpfel auf den Tisch kamen.

Speisekarte:

1. Rindsuppe mit Nudeln

2. Rindfleisch mit Kremtunke und Paradeistunke

3. Knusperiger Gansbraten mit Sauerkraut

4. Schweinsbraten mit Tunke und Knödeln

5. Hasenbraten mit Tunke und Knödeln

6. Kirchtagsflecken, Gugelhupf

7. Glas Kaffee

 

Die Burschenschaft hat unterdessen die Zeit von 11 bis 12 Uhr benützt, um mit klingendem Spiel den Mitgliedern des Ge­meinderates ein Ständchen zu bringen. Um 3 Uhr nachmittags marschiert die Burschenschaft mit Musik zum Haus der Alt­dirn, wo sich unterdessen alle Mädchen versammelt haben. Von hier wird sodann auf den Tanzplatz gegangen und der „Kirta“ mit 3 Stück der aufziehenden Burschen eröffnet. Sodann werden die älteren und nach diesen die jüngeren Bur­schen von den Altburschen zum Tanze abgeholt und ein­geführt.

Unterdessen sind die Burschen der umliegenden Ortschaften angekommen. Auch diese werden abgeholt und eingeführt. Zuerst jene unseres Kirchspiels und dann die übrigen je nach ihrem Eintreffen.

Am Kir~tagmontag geht es nach durchtanzter Nacht im lustigen Zug vor die Häuser der Honoratioren des Ortes, um ihnen einen Trunk und ein Ständchen zu bringen. In der drit­ten Nachmittagssrunde ziehen die Burschen mit ihren Mäd­chen schon wieder auf und es wiederholt sich dasselbe wie am Vortag. In der Dunkelstunde ziehen die verheirateten Män­ner auf, denn heute ist ihr Tag!

Am Dienstag wird wieder fleißig getanzt, denn dieser Tag gehört allen. Wenn der Dienstag sich dem Ende naht, wird der „Kirta“ begraben.

Am nächsten Sonntag ist „Nachkirta“, besonders wenn das Wetter schön gewesen und die Einnahmen des „Kirta“ gut waren.

Im November stellt sich der Winter bereits ein und um Ad­vent gibt es häufig schon schöne Schlittenbahnen. Das erwünschte Wetter hat es so recht in sich, die richtige Weih­nachtsstimmung zu erwecken.

Der Vorläufer hierzu ist der Gedachtnistag des HL Nikolaus. In alter Zeit, als man bei uns noch keinen Christbaum kannte, sahen die Kinder diesem Tag mit besonderem Vergnügen ent­gegen. Zwar kommen Nikolaus und Krampus noch jetzt in die Häuser, aber ihr ehemaliges Ansehen geht bei der heu­tigen Jugend verloren.

Der Tag der winterlichen Sonnenwende kommt heran und hat das Weihnachtsfest im Gefolge. Das sind die sinnigsten und gemütvollsten Tage des Jahres. Wohl dem, der sie im Kreise der Seinen verbringen kann.

In Häusern, wo man am Altväterbrauch festhält, wird am 24. Dezember den ganzen Tag gefastet und das Christmahl erst am HI. Abend nach Eintritt der Dunkelheit aufgetragen. Wem es die Umstände erlauben, der gönnt sich einen Fisch, nebenbei - auch wegen der Kinder - einen Apfel oder Mohnstrudel-Mohnnudeln. Mohn bringt Glück! Apfel, Nüsse, Kaffee und Tee dürfen nicht fehlen. Der Christbaum, von dem vor einigen Jahrzehnten man bei uns fast gar nichts wußte, hat sich rasch eingebürgert und die Kinder sowie Er­wachsene sehen dem Christfeste mit Freuden entgegen. Hier seien einige Bräuche erwähnt, wie sie früher nach dem Christmahl gepflegt wurden.

 

1.    Auf der Gasse treibt der Halter mit seinen Buben die Herde nach Bethlehem.

2.    Von allen Speisen wird ein Teil für das Vieh zurück­gelegt, damit es gedeihe.

3.    Während des Mahles steht unter dem Tisch eine Back­schüssel mit Hafer, der auch für das Vieh bestimmt ist.

4.    Am Hl. Abend duftet es im ganzen Haus nach Weihrauch, welchem die Bauern besondere Kraft und Wirkung zuschreiben.

5.    Zwischen 12 und 1 Uhr nachts am Hl. Abend sollen die Tiere in menschlichen Stimmen miteinander reden. Wem es gelingt, sie zu belauschen, der erfährt, was das nächste Jahr bringt.

6.    Die Buben hängen am Hl. Abend ihre Mütze in den Rauchfang, da finden sie nächstes Jahr alle noch so ver­borgenen Vogelnester.

7.    Wer sich um Mitternacht auf einen Kreuzweg begibt und dort betet, vernimmt Stimmen, die ihm kommende Er­eignisse ankündigen.

8.    Will ein Mädchen wissen, ob es im nächsten Jahr heiratet, so schreibt es sieben Zettel mit Namen und legt sie unter den Kopfpolster. Am nächsten Morgen zieht sie einen hervor und liest so den Namen des Ehegatten.

9.    Um zu erfahren, ob der Zukünftige gerade Glieder haben wird, geht die Maid mit dem Tischtuch, auf dem das Christmahl stand, in den Garten, umhüllt ihr Haupt mit dem Tuch und greift nach einer Zaunstange. Faßt sie eine gerade, so ist dies ein gutes Vorzeichen.

10. Wer einen Kirschenzweig zur Mette mitbringt, und durch­schaut, nachdem er ihn zusammengebogen hat, sieht alle in der Kirche versammelten Hexen. Er darf aber nach der Mette nicht als Letzter die Kirche verlassen, sonst passen sie am Kirchentor auf ihn auf und zerreißen ihn.

11.  In der Nacht schleichen die Hexen gern in die Häuser und Stallungen, um Schaden zu tun, deshalb kommt abends vor jede Eingangstüre eine Schaufel Sand. Die Hexen müssen alle Körnlein zählen und unterdessen ist ihre Zeit um.

12.  Nach der Suppe beim Christnachtmahl werden die Schat­ten der Köpfe der Hausgenossen besichtigt. Wer einen zu lichten Schatten hat, stirbt im nächsten Jahr.

Früher wurde die Christmerte um 12 Uhr gehalten. Da blie­ben die Leute auf, bis es Zeit zur Mette war. Die Hirtenweisen, Schalmeien, Horn und Vogelsang zogen die Christen mit unwiderstehlichem Zauber an. Den geistigen Obern schien aber diese Weihnachtspoesie unchristlich, sie mußten ver­schwinden, und man muß froh sein, daß seit einigen Jahren die alten, schönen Weihnachtslieder bei Messen gesungen wer­den dürfen.

Der Christtag ist der größte Festtag. Dieses äußert sich nicht bloß in der strengen Einhaltung der kirchlichen Vorschriften, sondern auch darin, daß ein besonders reichliches Mahl auf­getragen wird.

Am Stefanitag tritt das Gesinde, welches seinen Platz wech­selt, aus dem Dienst.

Am Silvestertag strömt nachmittags alles in die Kirche zur Schlußpredigt und zum ,,Te Deum". Den Abend aber können die jungen Leute, besonders die Mädchen, nicht vorübergehen lassen, ohne die Zukunft zu befragen, was sie ihnen bringen wird. Solcher Orakel gibt es, wie in anderen Gegenden, eine ganze Reihe. Am beliebtesten ist aber das bekannte Bleigießen.

Im Kreislauf des Jahres läuft das Volksleben in alten Sitten und Gebräuchen, die aber immer mehr verblassen und ver­schwinden.

Im Kreislauf des Lebens von der Wiege bis zum Grabe lebt ebenfalls viel Ahnenbrauch.

Tafgebräuche schirmen das Kindlein vor bösem Blick und Verschreien vom Wechselbalg, vor Fraisen und anderen Krankheiten. In allen Fällen spielt das am Vortage des Drei­königstages geholte Weihwasser eine große Rolle. Nie geht die junge Mutter vor dem Vorgang aus, erst, wenn sie den jungen Erdenwaller Gott dargebracht, kehrt sie zur gewohn­ten Arbeit zurück. Nie wird eine Mutter, welcher das Kind gestorben, vor dem 16. Juni Kirschen essen, denn da geht das verstorbene Kind im Himmel leer aus. Die Gevattersleute wachen über das Kind. Die Gegenwart räumt mit alten Überlieferungen unbarmherzig auf. Es ist daher höchste Zeit, auf­zuzeichnen, was noch aufzuzeichnen ist.

Meistens finden die Hochzeiten im Fasching, aber auch im Herbst satt, wenn der junge Wein ausgegoren und die Keller gefüllt sind. Letzter Termin: „Kathrein, die stellt den Tanz ein“. An einem Sonntagnachmittag kommt der Bräutigam mit seinem Vater in das Haus der Braut zu „G'wiß“ machen', d.h. zur Besprechung des Heiratsvertrages.

Wenn beide Teile einig geworden sind, wird die Hochzeit dem Pfarrer „angesagt“, darauf folgt das dreimalige Aufgebot und der Brautunter­richt. Am Tage fährt oder geht das Brautpaar die beiderseiti­gen Hochzeitsgäste laden. Der Bräutigam erwählt sich einen Beistand und einen Brautführer. Die Braut hat ebenso einen Beistand und eine Brautdirn. Hat sie mehrere Freundinnen, die als Kranzeljungfrauen zur Hochzeit gehen, so muß für die entsprechende Zahl von Kranzelherrn gesorgt werden. An den Sonntagen, an welchen die Brautleute von der Kanzel „runterfallen“, sind diese in der Kirche nicht zu sehen, denn da wäre es um das Eheglück schlecht bestellt. Die Trauung findet bei uns meistens Dienstag oder Mittwoch nach dem 3. Aufgebot statt. Am vorhergehenden Sonntag finden sich alle erwachsenen Mädchen im Haus der Braut zum „Sträußel­binden“ ein. Nach getaner Arbeit werden sie bewirtet. Den Aufwart besorgt der Brautführer.

 

Am Tag vor der Hochzeit haben die Köchinnen mit den Vor­bereitungen vollauf zu tun. Da wird gesotten, gebacken und gebraten bis in den Morgen hinein, denn sonst könnte nicht alles erledigt werden. Am Hochzeitstag versammelt sich die Freundschaft des Bräutigams bei ihm, die Gäste der Braut bei ihr. Zum „Ersteläuten“ begibt sich der Bräutigam mit seinen Gästen in das Haus der Braut und hier übergibt der Beistand der Braut sie in seine Obhut. Dann nehmen die El­tern auf Stühlen Platz, das Brautpaar kniet nieder, bittet um Verzeihung und bekommt den Segen. Nun ordnet sich der Hochzeitszug und begibt sich mit Musik zur Kirche. Die Bur­schenschaft erwartet den Hochzeitszug und feuert Freudenschüsse ab. Nur in dem Falle, wenn ein Bursche aus einem anderen Ort ein hiesiges Mädchen heimführt, wird ,,vor­gezogen', d. h. der Bräutigam muß sich „einkaufen“. Auch mit einem Strohbandl wird vorgezogen, wenn die junge Braut mißliebig oder eine bereits gefallene Größe ist. In der Kirche geht die Zeremonie in vorgeschriebener Weise vor sich.


Je mehr es sich die Brautleute kosten lassen, desto größer die Aufmachung. Die Brautdirn hat dem Bräutigam bei der Trauung ein Rosmarienkränzchen auf den Kopf gelegt. Sie muß achtgeben, daß ihr beim Abnehmen der Brautführer nicht zuvorkommt, denn das wäre ein schlimmes Zeichen für ihr Glück. Die Braut trachtet, dem Bräutigam am Altare auf den Fuß zu treten, damit er ihr in der Ehe nicht über den Kopf wachse. Ob das Hochzeitsmahl bei Braut oder Bräuti­gam stattfindet, hängt von den Raumverhältnissen ab, doch ist es meistens bei der Braut. In dieses Haus kehrt dann der Hochzeitszug zurück Er findet die Haustüre verschlossen. Sie öffnet sich erst nach dreimaligem Klopfen der Braut. Die­ser wird von den Köchen ein Holzmesser und ein Laib Brot gereicht, sie möge diesen anschneiden (das Brot ist bereits angeschnitten und der Anschnitt hängt nur an einer Stelle fest, so daß ....    

Zum Kranksein hat unser armes, arbeitsames Landvolk wenig Zeit. Wenn dem Bauern die Arbeit über den Kopf wachsen will und er sich ein Dutzend Hände wünscht, um der harrenden Arbeit Herr zu werden, dann muß schon etwas Arges kommen, um ihn zum Niederlegen zu bewegen. Rat und Hilfe sucht man, wenn die angewandten Hausmittel keinen Erfolg haben, bei Winkelärzten, Ausgedingern, Vichhaltern, Hebammen u.a.m., deren Familie sich zumeist das „Kurieren“ von Geschlecht zu Geschlecht übernahm. Der richtige Arzt wird zumeist erst dann geholt, wenn es wirklich nicht mehr anders geht oder wenn die Angehörigen des Kranken plötz­lich besorgt sind. Rücksichtnahme auf den Arzt ist häufig das Letzte, was in Betracht kommt. Fährt da zum Beispiel im Städtchen M. ein Bauemwagen spät abends vor. „Herr Dokta, der Ahnl will ma a paar Tag schon net recht gfalln. Bitt's fah­rens mit“. „Wohin?“. „Aufi zum Löscher Natz“. „Ja, warum sind Sie nicht früher gekommen?“. „Mir habn's dö ganze Wochen mit dem Erdäpfelsetzen recht gnödi g'habt. Wer tat sich do Zeit nehma“. Und so muß der arme Doktor halt um Mitternacht fahren, um dann beim Kranken zu konstatieren, daß man ihn schon zu spät geholt hat, oder daß es sich um eine durchaus nicht lebensgefährliche Windkolik handle. Ein andermal: Beim alten Peter Ignaz ist es diesmal ernst. Der Arzt hat es den Angehörigen gesagt und am nächsten Morgen wird der Geistliche geholt, den Kranken zu versehen. Die hei­lige Handlung geht in der vorgeschriebenen Weise vor sich, worauf sich die Angehörigen, Freunde und Verwandte in der Stube um den weißgedeckten Tisch mit den brennenden, ge­weihten Kerzen und dem Kruzifix knien und beten. Dann wird dem Kranken Ruhe gegönnt. Im Laufe des Tages kom­men Bekannte, den Kranken hoamsuicha. Zart und schonend sind die dabei geführten Gespräche gerade nicht. Man scheut sich auf dem Lande nicht, es dem Kranken in das Gesicht zu sagen. „Schaust du aber schlecht aus“, „I hätt di' bald net derkennt“. Oder: „Mir scheints gar, ös wollts sterba. No jo, de Jahr san do”. Ist der Kranke im Besitze eines Vermögens, so kümmern sich die Verwandten bestimmt zuerst darum, ob ein Testament vorhanden ist oder ob ein solches erst gemacht werden muß. Wenn das Ende herannaht, versammeln sich die Angehörigen in der Krankenstube und beginnen mit den Sterbegebeten. Eine geweihte Kerze wird angezündet und dem Sterbenden in die gefalteten Hände gesteckt Das nennt man Licht einhalten. Wie dem, den es angeht, zumute ist, da­nach fragt niemand. Nach Eintritt des Todes beten die An­wesenden und einer der Anwesenden drückt dem Toten die Augen zu. Wenn die Lider nicht geschlossen bleiben wollen, legt man ein in Essig getränktes Bäuschchen und beschwert sie mit einer Münze. Das Kinn wird mit einem Tuch hinaufgebunden. Das Fenster wird geöffnet, damit die Seele fortfliegen kann. Man läßt für den Toten die Sterbeglocke läuten. Eine Person, die in der Gemeinde eigens hierfür bestimmt ist, besorgt das Ankleiden und Waschen des Toten. Dieser liegt, ehe der Sarg gebracht wird, auf einem Laden mit Linnen zu­gedeckt. Wird er in den Sarg gelegt, so gibt man ihm unter den Kopf Hobelspäne und darauf einen kleinen Polster. Auf Hobelspänen ruht der Tote am besten. Um die gefalteten Hände wird ein Rosenkranz gewunden, auf der Brust liegen Heiligenbildchen, welche die Besucher gebracht haben. Diese beten am Sarg ein Gebet. Wenn sie bemerken, daß ein Augen­lid nicht ganz geschlossen ist, so heißt es: „Aus dieser Familie wird bald wieder jemand sterben“. An der Kopfseite des Sar­ges brennt bis zum Begräbnis ein Öllämpchen, daneben steht ein Gefäß mit Weihwasser und ein Myrtenzweig zum Be­sprengen der Leiche. Unter dem Stuhl, auf dem das Kopfende ruht, befindet sich ein irdener Topf mit glühenden Holz­kohlen, auf die Weihrauchkörner gestreut werden. Dieser Topf wird, nachdem die Leiche fort ist, zerschlagen. Das Stroh des Sterbebettes wird verbrannt. Gegenstände aus Gold oder Silber sollen aus dem Zimmer, in dem der Tote liegt, entfernt werden, sonst werden sie schwarz. An den beiden Abenden, an denen die Leiche aufgebahrt ist, versammeln sich Bekannte und Verwandte im Sterbehaus. Man betet den schmerzhaften Rosenkranz und dann folgen viele andere Gebete und 2 Lie­der, welche von den Mädchen des Kirchenchores gesungen werden. Die Beter werden, wenn sie fertig sind, bewirtet. Am dritten Tag vor dem Begräbnis versammeln sich die Leid­tragenden und Trauergäste noch einmal am offenen Sarg zum Abschiednehmen. Der Deckel wird auf den Sarg genagelt, oben ein Kreuz und Kranz befestigt und dann trägt man den Toten hinaus. So oft die Träger über eine Türschwelle schrei­ten, heben und senken sie den Sarg dreimal nacheinander. Das bedeutet: Das Abschiednehmen des Toten von seinem Haus. Die erste Einsegnung der Leiche findet vor dem Trauerhaus statt, die zweite, mit welcher oft auch eine Trauermesse verbunden ist, in der Kirche. Die Art und Dauer der kirch­lichen Zeremonie hängt davon ab, wie tief die Hinterbliebe­nen ,,in den Sack greifen' wollen oder können. Wenn auf dem Friedhof das letzte Amen verhallt ist, begeben sich die Hinterbliebenen zum Seelentrunk, der gewöhnlich im Trauerhaus oder Gasthaus stattfindet. Der heidnische Leichenschmaus in moderner Aufmachung!

 

CHRONIK

Am 1.9.1914 kommt Herr Oberlehrer Huber, der Aufzeich­ner der hiesigen Chronik, nach Irritz.

Die Schulsammlung am 16.10.1914 für die Kriegsfürsorge ergab 290 Kronen.

Kriegsjahr 1915: Einberufungen und Musterungen folgen, es herrscht schon Mangel an Arbeitskräften.

15.4.1915: Einführung der Brot- und Mehlkarten (2,8 kg je Person auf 14 Tage). Die Ration ist keine besonders große, doch wird sie die längste Zeit mit wahrer patriotischer Be­geisterung ertragen und auch was daran ungenießbar mit ge­ballter Faust hinabgewürgt (Erdäpfel, Kukurutz, ja Schrot machen dieses ,,Brot' fast ungenießbar).

Das Problem der völligen Entschuldung der Landwirtschaft, auf das sich keine Regierung gewagt hatte, der Krieg hat es gelöst! Schuldenfrei und vermögend tritt uns der Bauer ent­gegen, selbstbewußt und stolz, denn er weiß, daß er auf ein­mal zum Machtfaktor im Staate geworden ist. Im Durch­halten sind wir auf ihn angewiesen und die Hamsterer und Städter wissen gar nette Stückchen zu erzählen.      -

Die Erziehungserfolge der Schule werden durch den Krieg auch stark in Mitleidenschaft gezogen, da bereits 17 Väter eingerückt sind und die Mütter immer öfter um Befreiung des Sohnes oder der Tochter vom Unterricht ansuchen, da zu wenig Arbeitskräfte vorhanden sind, und diesen Gesuchen stattgegeben werden muß auf behördliche Anordnung.

Die Gefahr der ansteckenden Krankheiten nimmt immer mehr zu. 15.5.1915: Impfung gegen Blattern (10. - 14. Le­ bensjahr). 132 Erwachsene ließen sich freiwillig ebenfalls impfen.

Der 2.10.1915: Der 1. Wolltag:

In einem Wagerl, das mit österreichischen und deutschen Far­ben bemalt ist, fährt die sammelnde 3. Klasse der hiesigen Volksschule von Haus zu Haus und sammelt. Sammelergeb­nis: 300 kg netto.

Kriegsjahr 1916: 19.4.1916: Einführung der Zuckerkarte (Für eine Person auf 4 Wochen 1 kg Zucker).

12.5.1916: Milchkartenausgabe.

9.7.1916: Kaffeekarte (8 Wochen je Person 3/8 kg Kaffee).

17.9.1916: Butterkarte.

Es folgen Karten für: Petroleum, Fett, Seife, Kerzen, Kar­toffeln und Kohle.

Die Zahl der Feinde wächst ständig! Auf den treulosen Ita­liener folgt der Rumänenkrieg. Wilson kann die Kriegsgewinne nicht missen und wurde ebenfalls unser Gegner!

18. 5.1916: Blei- und Zinnabfälle werden gesammelt. Erfolg: 3 q 79 kg.

Am 17.6.1916: Der II. Woll- und Haderntag:

Eine Nesselsammlung folgt einige Zeit später.

4.-8. Oktober 1916: Opferwoche.

Der 21.11.1916 ist ein Trauertag, denn der Kaiser der Schule ist gestorben.

Kriegsjahr 1917: 17 Irritzer fielen bereits für Heimat und Vaterland, 39 weitere wurden mehr oder weniger schwer verwundet.

R u ß l a n d, das durch seine furchtbaren Kriegsverluste und inneren Aufstände völlig zerfahren ist, trat als 1. feindliche Macht in Friedensverhandlungen ein. Es kam zum Frieden von Brest-Littowsk.

Bis zum Jahresschluß 1917 zählten wir 26 Helden, gefallcn für des Vaterlandes Größe!

Unsere Erfolge an den einzelnen Fronten berechtigen uns zu den schönsten Erwartungen, aber ein viel mächtigerer Feind ist uns erwachsen, der allen Heldenmut zunichte macht, der ,,Hunger'!

Kriegsanleihen und verschiedene andere Sammlungen jagen einander. Zu allen Leiden brach die Diphtherie aus und for­derte 7 Todesopfer.

30.10.1917: III. Wolltag.

Kriegsjahr 1918: Die heftigsten Kämpfe des Jahres werden an der Piave und am Monte Asolone ausgetragen. Besonders tapfer schlug sich unser 99er Hausregiment.

Deutsche und Ungarn sind überall Sturmbrecher für des Rei­ches WohI

Die Tschechen treten auf. Der beständige nationale Zwist spitzt sich zu.

Am 9.10.1918 erklärt sich der deutsch-nationale Parteiklub für das Selbstbestimmungsrecht der Völker.

 

Am 21.10.1918 erfolgt in Wien die Konstituierung der pro­visorischen Nationalversammlung für ,,Deutsch-Österreich'.

Am 26.10.1918 übernahm der Narodni vybor in Prag die Regierung.

Die letzten Wochen des Jahres 1918 waren in Österreich durch das stete Vordringen des fremden Militärs auf österreichisches Gebiet gekennzeichnet.

Auch unsere Marktgemeinde wurde Samstag, den 14.12.1918 um 12.37 Uhr von Truppen des Tschechoslowakischen Staates in „Besitz“ genommen. Von Leutnant Jerabek mit 60 Mann.

Das Jahr 1919: Ein Jahr völliger Umkehr aller politischen Begriffe. War das Jahr 1916 ein Jahr der „Gärung“, so ent­wickelte sich das Jahr 1917 zum ,,Chaos' und das Jahr 1918 zum Jahr des „Umsturzes“. Wie sich die Trümmer in die europäische Landkarte einordnen werden, möge das Jahr 1919, das Jahr der „Neuordnung“, zeigen.

 

20 Jahre Schmach und Knechtschaft, 20 Jahre in Ketten!

Der 28.10.1918 verlief in unserer Gemeinde ruhig, beflaggt waren nur die öffentlichen Gebäude.

1920: Wir blicken auf ein Jahr demokratischer Gemeindewirt­schaft zurück und können beruhigt sagen: „Das Kind hat einen anderen Namen bekommen, doch der Kleine ist der­selbe geblieben“.

1921: Der im Oktober dieses Jahres neugegründete Turnver­ein beteiligt sich recht lebhaft an allen turnerischen Veran­staltungen und hat bereits manche schöne Auszeichnung nach Hause gebracht.

1923: Sonntag, den 23. Juni, wurde unser Kriegerdenkmal in besonders feierlicher Weise enthüllt. Gilt es doch: „25 am Felde der Ehre verbliebenen, sowie 6 an den Folgen des Krie­ges dahingeschiedenen Irritzern ein ehrendes Andenken zu setze2.

1924 erhält unsere Kirche 2 neue Glocken, da sie während des Krieges 2 Glocken abliefern mußte.

1925: 1. Mai 1925. An diesem Tage wird die Telephon- und Telegraphenlinie dem Verkehr übergeben, nach Treskowitz und Leipertitz weiter ausgebaut.

1927: Feber. Infolge des feuchten, warmen, regnerischen Wet­ters sind nicht weniger als 25 % der Ortseinwohner an Grippe erkrankt. Ein Großfeuer vernichtet im selben Jahr dem Gutspächter Löw einen großen Strohschober.

1928: „Wenn es einmal brennt, hört es nicht sofort wieder auf“, pflegen die Leute zu sagen. Am 8.-9. Feber brennt die Scheune des Ludwig Bauer und am 13. August sah Irritz ein Großfeuer, wie es schon lange nicht war. Es entstand Feuer in der Scheune des Franz Sofka Nr.80, das rasch übergriff auf die Scheune des Landwirtes Leonhard Schletz, dann an­dererseits auf die Scheunen der Landwirte Josef Gall Nr.81 und Jakob Haselbacher Nr.82.

Mit 15. Dezember setzte eine starke Frostperiode ein, wie seit über 100 Jahren nicht gedacht wird.

1929: Die Frostperiode währt durch den ganzen Jänner und Feber hindurch und es wurden oft Temperaturen von -25 bis – 28 Grad gemessen. Trotz des strengen Winters verschob sich die Anbauzeit nur um 14 Tage.

Am 1. Mai 1929 war Irritz das erste Mal elektrisch beleuch­tet. Das Ortsnetz war einige Zeit vorher von der W.E.G. fertiggestellt worden.

31.12.1929: Der Landwirtschaft geht es sehr schlecht. Für Getreide werden folgende Preise gezahlt: Weizen 151-157 Kc, Roggen 114-116 Kc, Gerste 125-130 Kc, Hafer 102-108 Kc.

1930:

Die Zählung der Landw. Betriebe brachte folgendes Ergebnis:

Bis         10a                               3 Betriebe mit   23 a Ges.-Fläche

über       10a  -50a                     25 Betriebe mit  787 a Ges.-Fläche

über       50a -1 ha                     17 Betriebe mit 1246 a Ges.-Fläche

über        1ha-2 ha                     25 Betriebe mit 3754 a Ges.-Fläche

über       2 ha-5 ha 43 Betriebe mit 13630 a Ges.-Fläche

über       5 ha-10ha                    17 Betriebe mit 12251 a Ges.-Fläche

über       10ha-20 ha                  26 Betriebe mit 28388 a Ges.-Fläche

über 20ha – 30ha                     6 Betriebe mit 14181 a Ges.-Fläche

über       100ha-200ha               1 Betrieb mit 12060 a Ges.-Fläche

Zusammen     157 Betriebe mit 86320 a Ges.-Fläche

davon liegen in anderen Gemeinden: 8.502 a

Auf landw. Betriebe entfallen:

Ackerboden                               84.531 a

Dauerwiesen                                   493 a

Nutz- und Handelsgärten                  62 a

Weingärten                                      229 a

Hutweiden                                            3a

Zusammen                                 85.318 a

Auf nichtlandwirtschaftlichen Boden entfallen:

Ziergärten                                            3a

Verbaute Flächen und Hofflächen 917a

Ertraglose Fläche                             82 a

Zusammen                                   1.002 a

Die Landwirte haben ein Jahr bitterster Not und Erfahrung hinter sich. Weizen und Vieh, wofür bis jetzt noch gute Preise erzielt wurden, sanken auch im Preise.

Die Arbeitslosenziffer stieg von Zehn- auf Hunderttausende, was sich auch in hiesiger Gemeinde sehr zum Nachteil aus­wirkte.

1931: Am 27.9.1931 fanden die Gemeindewahlen statt. Ge­wählt wurde auf folgenden Listen:

Liste  I: Deutsche christlich-soziale Volkspartei

Liste II: Deutsche Gewerbepartei, Wirtschaftspartei des sudetendeutschen Mittelstandes

Liste III:         Deutsche Wirtschaftspartei

Liste IV:        Deutsche Mittelstandspartei

Liste V:        Deutsche Arbeiterpartei

 

Auf Liste  I entfielen 217 Stimmen = 8 Mandate

Auf Liste II entfielen 50 Stimmen = 2 Mandate

Auf Liste III entfielen 77 Stimmen = 3 Mandate

Auf Liste IV entfielen 27 Stimmen = 1 Mandat

Auf Liste V entfielen 41 Stimmen = 1 Mandat

 

DER ERSTE WELTKRIEG

Eine Folge dieses Nationalitätenkampfes war die Ermordung des Thronfolgers von Csterreich-Ungarn, des Erzherzogs Franz Ferdinand, mit seiner Gemahlin am 28. Juni 1914 in Sarajewo. Damit war der Anstoß zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges gegeben, dessen Gefahr schon jahrelang über Europa gelauert hatte. Nach Ablauf eines Ultimatums, folgte vom 28. Juli 1914 an, eine Kriegserklärung der anderen, bald stand sich die halbe Welt in Waffen gegenüber.

Als auch in den drei Gemeinden Irritz, Damitz und Tullnitz die Allgemeine Mobilmachung verkündet wurde, rückten die jungen Männer und Burschen mit Begeisterung zum Militär ein. Der größte Teil diente bei den Znaimer Regimentern 99 und 24. Glaubte man doch allgemein, der Krieg würde in ein paar Wochen zu Ende sein. Doch das Erwachen kam bald nach den Nachrichten über die ersten Gefallenen und die Rückschläge auf den Kriegsschauplätzen. Viereinhalb Jahre dauerte das große Ringen und sein Ende bedeutete das Ende unserer Freiheit.

Wenn auch diesmal unsere Heimat nicht zum Schlachtfeld wurde, so hatte sie doch sehr unter den Auswir­kungen des Krieges zu leiden. Besonders die Not an Ver­brauchsgütern war deutlich zu spüren. Da die drei Gemeinden Irritz, Damitz und Tullnitz reine Bauerndörfer waren, wo­von viele Bauern über 30 ha bewirtschafteten, brauchten ihre Einwohner wohl kaum Hunger zu leiden. Die Lebensmittel waren alle auf Karten rationiert. Das Getreide wurde bis auf das notwendige Saatgut alles requiriert. Dabei war immer ein Kommissar von der Bezirkshauptmannschaft Mährisch Kromau anwesend und wurden die ganzen Schüttkasten auf Verstecke genau untersucht. Die damaligen Bürgermeister hießen Sofka Franz (Irritz), Zeihsel Cyrill (Damitz) und Jo­hann Schiffner (Tullnitz). Je länger der Krieg dauerte, desto empfindlicher wurde der Mangel an Kleidung, Schuhen, Ge­räten und Nahrungsmitteln. Salz, Zucker, Gewürze und Pe­troleum waren zeitweise so gut wie gar nicht zu bekommen. Ich kann mich noch gut erinnern, wenn Petroleum zur Ver­teilung kam standen vor den Geschäften die Leute Schlange. Man kam daher auf allerhand Ideen, sich für das Fehlende Ersatz zu beschaffen. So wurde mit Viehsalz gesalzen, mit Sacharin gesüßt, und da es kein Petroleum für die Beleuch­tung gab und Kerzen auch nicht zu haben waren, erinnerte man sich der alten Zeiten, da man noch Talg- und Unschlichter verwendete und versuchte es wieder mit diesen (Schmolz­scherbl). Auch wurde Karbid zur Beleuchtung verwendet. Ich kann mich noch gut erinnern, wo bei einer Explosion der Kar­bidlampe in der Gemeinde Irritz Marie Zimmermann ums Leben kam.

Aber auch die Industrie konnte nur mit Ersatzstoffen arbei­ten. Kleider wurden aus den Fasern der Brennessel hergestellt. An den Schuhen waren die Sohlen aus Holz und das Oberteil mehr aus Pappe als aus Leder. Alles Messing und Kupfer, wie Türklinken, Griffe, Hausrats- und Ziergegenstände aus die­sen Metallen mußten abgeliefert werden. Die Kirchenglocken fielen bis auf eine der Herstellung von Kanonen zum Opfer. Not und Entbehrung sowie die Angst, jeden Tag die Nach­richt vom Tod eines angehörigen Soldaten erhalten zu kön­nen, machten die Sehnsucht nach dem Ende dieses schreck­lichen Krieges von Jahr zu Jahr größer.

Und das Ende kam. Fast mitten im Krieg, am 21. November 1916, starb Kaiser Franz Josef 1. im Alter von 86 Jahren. Ein Sohn seines Nef­fen Otto, der Erzherzog Karl I., 30 Jahre alt, bestieg den Thron der Habsburger. Dieser versuchte das Land dadurch zu retten, daß er im letzten Augenblick, am 16. Oktober 1918, die Verfassung von 1867 aufhob und die Monarchie in einen Bundesstaat umwandelte. Jedoch, der Krieg war schon so gut wie verloren. Und die Politiker der einzelnen Völker in der Emigration, besonders die Tschechen unter Masaryk und Be­nesch hatten bei der Entente vorgearbeitet. Am 28. Oktober 1918 wurde die Tschechoslowakische Republik ausgerufen und am 31. Oktober vollzog sich die Auflösung Österreich­Ungarns in einen deutsch-österreichischen, einen ungarischen, den tschechoslowakischen und den südslawischen Staat. Kaiser Karl 1. dankte am 11. November 1918 ab und ging ins Exil nach Spanien.

 

ANSCHLUSS SÜDMAHRENS AN DAS DEUTSCHE REICH

Durch das Münchener Abkommen im Jahre 1938 - Deutsch­land, Italien, England und Frankreich - wurde auch Südmähren an das Deutsche Reich angeschlossen. Am 10. Oktober 1938 marschierten deutsche Truppen, ein Erfurter Infanterie-Regiment unter Hauptmann Hamann, in der Gemeinde Ir­ritz ein. Südmähren wurde an Niederdonau angeschlossen.

 

DER ZWEITE WELTKRIEG

 

Am 1. September 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. Die Männer und Burschen wurden wieder zu den Waffen gerufen. Im Vormonat August wurden schon ältere Jahrgänge zu einer Waffenübung eingezogen. Es war schon eine Vorberei­tung für den kommenden schrecklichen Krieg. Die Feldzüge gegen Polen und Frankreich endeten innerhalb weniger Wo­chen, mit der Niederlage des Gegners. Auch Dänemark und Norwegen wurden 1941 schnell besetzt und als im Juni des­selben Jahres der Krieg gegen Rußland begann, brachte er ebenfalls Sieg um Sieg für unsere Truppen. Doch bald wur­den es viele Feinde, die sich gegen Deutschland und seine Verbündeten, Italien und Japan (Dreier-Achse), zusammenschlossen. Das Jahr 1942 brachte die ersten Rückschläge und Niederlagen. Auch die Verluste wurden immer größer und es ist daher verständlich, wenn sich die Zahl der Unzufriedenen mehrte. Zudem begann der totale Krieg, mit den furchtbaren Bombenangriffen auf die großen Städte. Da unsere Heimat bisher davon verschont geblieben war, mußte sie viele Eva­kuierte und Ausgebombte aufnehmen.

Bis Mai 1945 dauerte der Kampf, in dem der Widerstand der deutschen Wehrmacht von Jahr zu Jahr ohnmächtiger wurde. Und auf allen Fronten gab es Rückzug. Trotzdem kämpften unsere Soldaten verbissen und hartnäckig, war es doch jedem klar, was es für unsere Heimat bedeuten würde, wenn wir den Krieg verlieren sollten. Doch das Fürchterliche konnte nicht verhindert werden. Dem totalen Krieg folgte die totale Niederlage. Für unsere Feinde aber der totale Sieg, den sie dann reichlich nützten.

Auch Südmähren sollte vom Krieg nicht verschont bleiben. Noch in den letzten Wochen vor der Kapitulation versuchten hier deutsche Truppen den Gegner aufzuhalten. Sie setzten sich an der Hauptkampflinie um Mariahilf, bis unten zur Kreisstadt Nikolsburg, an der Taya fest. Küche und Troß dieser Einheiten lagen in Irritz und Damitz. Der Donner der Geschütze und das Knattern der Maschinengewehre ließen die Härte des Widerstandes ahnen.

Der Volkssturm wurde aufgerufen und eingesetzt, Schützen­gräben zu graben und Barrikaden zu errichten. Die Bevölke­rung lebte in Angst und Spannung, was nun kommen würde. Das Ende des Zweiten Weltkrieges kam immer näher. Den dumpfen Geschützdonner hörte man von der Front bis zu uns. Er rückte immer näher. Es kam der 7. Mai 1945. Ein schrecklicher Tag für uns. Am Morgen gegen 8 Uhr gab es Fliegeralarm. Flugzeuge bombardierten die Gemeinde Irritz und schossen mit Bordwaffen. Der Strobschober mit Ohm­schuppen von Edmund Sofka war der erste Brand, war aber außerhalb der Ortschaft. Das Anwesen von Johann Husty brannte völlig nieder. Auch mehrere Anwesen wurden durch Bordwaffen schwer beschädigt. Das Hauptbombardement war in der Gemeinde Damitz, wo der ganze Troß zusammengezogen wurde. Es gab auch in der Bevölkerung Tote und viele Verletzte. Der Rückzug der deutschen Wehrmacht von der Front hatte begonnen. Den ganzen Tag hindurch wurden wir von Flugzeugen überflogen. Die ganze Bevölkerung war in den Kellern und wartete auf die Ankunft der Russen. Im Gutshof, im Rathaus sowie in der Pfarrei waren die meisten Menschen in den Kellern. Ich war im Rathauskeller mit mei­ner Familie. Um 21 Uhr ging ich vom Keller zu meinem Anwesen Nr.78, um alle Türen aufzusperren, daß alles freien Lauf habe. Es herrschte eine ängstliche, unheimliche Stille über der Gemeinde. Nur Schritte vom Arbeitsdienst, welche sich zurückzogen, waren von weitem zu hören.

SCHICKSAL 1945 / 1946

Am 8. Mai kamen die Russen, von der Straße Treskowitz in Dreierreihen mit ihren Panzern über die Felder gegen 4 Uhr früh nach Irritz. Sie stöberten alle Häuser durch und nahmen auch alle Wertgegenstände, insbesondere Uhren, den Leuten ab. Das war die Elitetruppe, welche gleich weitermarschierte. Aber die Räuber und Plünderer kamen mit ihrem Troß nach. Sämtliche Pferde waren innerhalb einer Stunde von der Ge­meinde weg. Es waren 140 Stück. Jetzt ging es an das Rind­vieh, an Schweine und Federvieh. Der größte Teil wurde davon mitgenommen. Auch in den Häusern wurden alle Kästen durchwühlt und Passendes genommen. Gegen Mittag waren schon tschechische Partisanen in der Gemeinde auf­getaucht. Der Bürgermeister wurde seines Amtes enthoben, aber noch dafür verantwortlich gemacht, daß alle toten Wehrmachtsangehörigen sowie die Viehkadaver eingegraben würden. Auch mußte das Vieh, soweit noch vorhanden, im Gutshof Salomon versorgt werden, da dieselben geflüchtet waren.

Ein Tschechischer Kommissar wurde eingesetzt, und zwar ein Tscheche von Socherl. 12 tschechische Partisanen quartierten sich im Hause Nr.79, ehemalige Parteikanzlei, ein. Ihre erste Aufgabe war, mit den Russen zu plündern und Schweine für sich zum Schlachten zu organisieren. Sie kleideten sich in die Dienstmontur unserer Feuerwehr ein. Dann begann von den Russen die Jagd nach den Frauen und Mädchen. Es waren fürchterliche Tage und Nächte, welche die Frauen monatelang durchmachen mußten. Die unmöglichsten Verstecke wurden ausgesucht, welche auch manchmal lebensgefährlich waren.

Alle Deutschen mußten eine weiße Armbinde tragen, worauf ein N aufgedruckt war (Nemec = Deutsch). Am 2. August 1945 wurde die Reichsmark außer Kraft gesetzt und die Wäh­rung auf Kronen umgestellt. Pro Person wurden 300 Kc aus­bezahlt.

Am 17. August 1945 wurden alle jungen Männer sowie entlassene Wehrmachtsangehörige von den Gemeinden Irritz, Damitz und Tullnitz in das Internierungslager Mäh­risch Kromau eingeliefert. Da begann für so manchen sein trauriges Los.

Am 15. September 1945 brach in den Gemein­den Irritz und Damitz Typhus aus, wobei 3 Todesfälle zu verzeichnen waren: Zibuschka Karl, Wollinger Amalie und Wieder Rosa.

Am 8. Oktober 1945 kamen jugoslawische Par­tisanen in die Gemeinde Irritz. Sie besetzten die schönsten Bauernhöfe und ließen die Deutschen unentgeltlich für ein bescheidenes Essen arbeiten. Alle Rechte wurden den Deut­schen genommen und sämtliches Vermögen enteignet. Sie wurden als Freiwild betrachtet. Auf Anordnung der Parti­sanen mußten alle deutschen Besitzer von Feldern diese mit einer Tafel des jeweiligen Eigentümers versehen. Den Parti­sanen war der Besitz und die Bewirtschaftung zu viel und wurde deswegen unter ihnen neu verteilt.

Viele wurden von ihrem Heim vertrieben und mußten in einer Notunterkunft hausen. Der Tschechische Kommissar wurde von einem Partisanenbürgermeister abgelöst. Viele Einwohner wurden mit ein paar Habseligkeiten in das Innere der Tschechei zur Arbeit verpflichtet. Die tschechischen Ar­beiter waren von ihren Arbeitsplätzen ausgerissen, um ir­gendwo einen deutschen Besitz zu ergattern. Einige (Ortsbewohner) sind nach Österreich bei Nacht und Nebel geflüchtet.

Viele Deutsche wurden von den tschechischen Partisanen schwer mißhandelt und geschlagen. So mancher spätere Tod war darauf zurückzuführen. Einige werden bestimmt noch nicht vergessen und noch gut in Erinnerung haben, auf wel­che Weise eine Frau im Hause Nr. 14 bestialisch geschlagen wurde.

DIE JÜDISCHEN IRRITZER

Dieser Beitrag steht nicht im Original Heimatbuch. Weil wir uns aber um weitgehende Objektivität bemühen wollen, halte ich es für erforderlich, diesen Teil unserer Geschichte nicht zu verschweigen!
Krailling Dez. 2000/g.h.

Im 17./18. Jahrhundert wohnten in Irritz 14 bzw. 15 jüdische Familien.

Den Grabsteinen auf dem jüdischen Friedhof nach zu schließen wurden dort, auch noch in diesem Jahrhundert, Irritzer Einwohner mit jüdischem Glauben beigesetzt. (Gottfried Kobler z.B. aber auch Fuchs)

Ich erinnere mich selbst auch, daß wir als Kinder zu gelegentlichen Filmvorführungen nach Irritz gingen. Diese Filme wurden im ehemaligen jüdischen Tempel vorgeführt, der Saal dort wies eine respektable Größe auf, zumindest aus meinem damaligen kindlichen Blickwinkel. Die Gasse, in der dieser Tempel stand, wurde allgemein die Judengasse ganannt. Auch der Weg, der vom Dörfel in Damitz nach Irritz führte, war der Judenweg. (Danke Leo für diese Gedächtnisauffrischung!)

Die kleinen Häuser, die dort standen, einschließlich des Tempels, stehen heute nicht mehr, sind vollständig weggeräumt. Der Tempel selbst wurde am letzten Kriegstag von einer Bombe getroffen und brannte aus, übrigens als das einzige Haus in der Gasse.
Der letzte jüdische Einwohner von Irritz muß wohl noch unmittelbar vor dem "Anschluß" geflohen sein.
Meine Großmutter (Haus Nummer 200? )erzählte, daß sie dabei fast um ihre Gänse gekommen sei. Wie üblich wollte sie gegen Abend ihre Gänse eintreiben. Diese trieben sich aber beim Haus Fuchs, Nummer ... herum. Dort aber waren Polizisten, die offensichtlich den Herrn oder die Familie Fuchs suchten, aber auch Sachen abtransportierten(?). Die Polizisten glaubten nun, daß meine Großmutter sich die jetzt herrenlosen Fuchs´schen Gänse aneignen wollte. Es hat wohl einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, die Polizisten vom Gegenteil zu überzeugen. Sie hat ihre Gänse erhalten, was aber aus dem "Juden Fuchs" wurde weiß man wohl nicht. Vielleicht hat sich auch niemand dafür interessiert.
Dem Namensregister von Irritz nach zu schließen, wurde das Haus danach von jemand bewohnt.
Es ist verständlich, daß die eigene Not und das Unglück, das einem selbst wiederfährt, den Blick verstellt auf Menschen, die vielleicht auch gerne weiter in Irritz gelebt hätten. Trotzdem, sie wohnten viele Jahrzehnte oder vielleicht mehrere Jahrhunderte in dem Ort, deshalb sollen sie auch nicht vergessen werden.

Ich habe eine Suchanzeige im Internet nach Kobler und Fuchs aus Irritz aufgegeben. Vielleicht meldet sich jemand!


 



Irritzer Bilderbogen